Das Nyokodo im Mai 2023 (die Hütte, wo Takashi lebte). Photo: Groos

Nicht nur nützlich, sondern notwendig

Die Ausstellung über Takashi und Midori Nagai fand vor kurzem unter anderem in Freiburg i.B. statt. Ein Arzt erzählt von überraschenden Reaktionen auf das Zeugnis dieses japanischen Ehepaares
Adolf Diefenhardt

Letztes Jahr im März hatte ich bei uns in der Pfarrei drei verschiedene „Friedensstifter“ vorgestellt, die auf dem Meeting in Rimini 2022 zu Zeugen des Friedens geworden waren: Kardinal Pizzaballa aus Jerusalem, Erzbischof Pezzi aus Moskau und Kardinal Dieudonné aus der Zentralafrikanischen Republik.

Nach der Beschäftigung mit Takashi und Midori Nagai und der für mich sehr bewegenden Ausstellung mit Begleitprogramm in Freiburg im Februar/März 2024 war es mir ein Anliegen, am 9. April 2024 wieder einen Abend in der Pfarrei „Zeugen auf der Suche nach Frieden II“ anzubieten. Diesmal nicht allein, sondern mit dem Leiter der „Katholischen Erwachsenenbildung“.

Wichtig war mir dabei, dass nicht die politische Bedeutung von Frieden (als Abwesenheit von Krieg) vermittelt wird, sondern Frieden als die Erfahrung einer Positivität des Lebens. Eine Positivität, die getragen ist von dem Bewusstsein, dass alles, was geschieht, Teil eines Planes ist, der im Letzten zum Guten (für mich und uns alle) führt, auch wenn dies in einem dramatischen, ungerechten und unverständlichen Kontext geschieht. Dieser neue Blickwinkel erfordert Mut, wie der Papst in seiner diesjährigen Botschaft zur Fastenzeit erneut betont hat. Etwas in die Perspektive Gottes zu stellen, ist immer ein Opfer. Aber es ist wirklich befreiend.

So war ich überrascht, wie der eher dem linkskatholischen Spektrum zugehörige Leiter der Erwachsenenbildung nach der Lektüre von Texten von Takashi und der Beschäftigung mit der Ausstellung berührt war von diesem Menschen, der „alles verloren hat, aber dem doch nichts fehlt“. Ich war erstaunt, wie gut verstanden wurde, dass Leid und Sühne keine Strafe sind, sondern ein Opfer, dass zu etwas Größerem führen soll. Und wie wichtig Vergebung ist, um wieder neu anzufangen. Mehrere Teilnehmer haben ihre Bewunderung über diesen Zeugen am Ende der Veranstaltung zum Ausdruck gebracht – nicht als unerreichbare Gestalt, sondern als Zeichen der Hoffnung.

Eine muslimische Journalistin sagte mir am Ende, dieser Mensch sei in ihren Augen ein „Wunder Gottes“. Die gleiche Journalistin hat mir am Folgetag geschrieben: „Lieber Herr Diefenhardt, ich möchte mich nochmal herzlich bedanken für Ihren Einsatz, diese beeindruckende Geschichte von Paul Takashi Nagai mit anderen Menschen zu teilen. Ich war eher daran interessiert gewesen, über die Gefahren eines Atomkrieges zu diskutieren und wie wir heute damit am besten umgehen können. Rückblickend hat mich jedoch die Lebensgeschichte dieser Persönlichkeit und ihre starke Präsenz an dem Abend sehr beeindruckt, die jede politische Diskussion in den Hintergrund gestellt hat. Da ich selbst eine Verwandlung als Gläubige durchlebt habe, konnte ich vielfach die himmlische ‚Führung und Fügung‘ sehr gut nachvollziehen.“

P. Maximilian Kolbe bei seiner Publikationstätigkeit. Photo Groos im Konvent in Ōura

Auf dem Marsch fürs Leben in München zitierte eine Podiumssprecherin Maximilian Kolbe, der einem Mithäftling in Ausschwitz gesagt hat: „Hoffnung, niemals die Hoffnung aufgeben“. Wenn Menschen wie Kolbe oder Nagai in dem jeweiligen Kontext, in dem sie gelebt haben, so etwas sagen bzw. als Haltung leben konnten, dann wird mir das große Anliegen von Don Giussani klarer, in der Sehnsucht nach der Erkenntnis Christi zu wachsen, um diesen „neuen Frieden“ zu finden bzw. ihm nachzujagen. Und es wird mir auch klar, dass diese Zeugen nicht nur nützlich, sondern notwendig sind für mich, um einen Weg zu gehen, der vielleicht in den Augen der Welt wie eine Niederlage oder Unglück aussehen mag, der aber ein (manchmal kurviger) Weg zur Vollkommenheit sein kann.