(Foto: pellegrinaggio.org)

Der Beginn der ansonsten unmöglichen Einheit

Botschaft von Davide Prosperi, dem Präsidenten der Fraternität von CL, anlässlich der Wallfahrt von Macerata nach Loreto am 11. Juni 2022

Liebe Freunde, ich habe keine andere Anrede, um mich an euch zu wenden, als das Leben, das ich mit jedem von euch teile.

Pilgern erinnert uns daran, dass wir uns auf einer Reise befinden. Was wird am Punkt der Menschheitsgeschichte, an dem wir jetzt stehen, von uns verlangt? Zuerst einmal, dass wir jeden unserer Schritte, sei er persönlich oder in der Gemeinschaft, der heiligen Mutter Gottes widmen, auf das sie uns für das Geheimnis empfänglich mache, das uns durch die Gemeinschaft, in der er wahrhaftig präsent ist, zuteilwird. Das ist die große Verantwortung, zu der uns die Kirche beruft. Lassen wir uns nicht von anderen Sorgen ablenken, die dem von Gott ausgewählten Weg zu unserem Schicksal nicht entsprechen.

Die Gestalt von Marta zeigt uns den richtigen Weg auf: Nur die Begegnung mit Jesus selbst hat sie wirklich verändert, indem Er ihre Menschlichkeit, wie kein anderer wertschätzte. Seit dem Tag, an dem Er ihr Haus betrat, war alles, was Marta tat, eine Antwort auf die ihr zuteil gewordene Vorliebe desjenigen, der sie daran erinnert hatte, dass nur eines im Leben zählt: die Wirklichkeit zu erkennen, die tagtäglich an die Tür ihrer und unsere Menschlichkeit klopft.

Und nun, in diesem dunklen Moment der Geschichte, angesichts der scheinbar unmöglich zu erreichenden Frieden, wirft sich die Frage auf, was wir am dringendsten brauchen.

Ganz gleich wie gut unsere Absichten sein mögen, sind wir alleine nicht dazu in der Lage, Gerechtigkeit zu schaffen. Wir sind armselig und das dürfen wir nie vergessen: „Wem in seinem tiefsten Inneren nicht bewusst ist, dass er ein Sünder ist, fehlt in der Beziehung mit jeder Sache ein Funken an
Aufrichtigkeit.“ (L. Giussani, Un avvenimento nella vita dell’uomo, BUR, Mailand 2020, S. 23). Wie Marta, die sich um tausend Dinge gleichzeitig kümmerte, fehlt auch uns das eine, was wir so dringend brauchen und, das Papst Franziskus unermüdlich, als Antwort auf alles, was geschieht, fordert: den lebendigen Christus, „die Quelle des wahren Friedens“.

Möge dies auch zu unserer Bitte während der Pilgerreise werden, damit folgende Worte Don Giussanis in unser Fleisch und in unsere Tage eingehen können: „Der unmögliche Friede zwischen Mann und Frau, der unmögliche Friede zwischen Nachbarn, die unmögliche Brüderlichkeit, der unmögliche Dienst am Nächsten, die unmögliche Gastfreundschaft, die unmögliche Annahme von Schmerzen, Opfer, Tod... Das Wort ‚unmöglich‘ ist für uns zu einer Freude und sogar zu einer Verheißung geworden: Was für die Menschen unmöglich ist, ist nicht unmöglich für Gott.“ („Litterae Communionis CL“, 1991, Nr. 10). Nur Er kann uns vom Bösen erlösen.

Doch wie oft scheint uns dies nicht auszureichen! Mit dem Mund behaupten wir, dass für Gott alles möglich ist, aber in der Praxis leben wir dann so, als wäre das alles nur eine Illusion. Lasst es uns wenigstens wünschen! Und werde folgendes zum Inhalt unseres Dialogs mit dem Geheimnis auf unserer Reise oder in unseren Häusern: „Das Gebet werde zu unserem äußersten Horizont, zum Vorposten unserer Menschlichkeit, die im Kampfe steht, denn der Kampf ist unvermeidlicher und unerbittlicher Lebensumstand, ja für den Herrn war es das Kreuz. [...] Kein Fehler, keine Rückfälligkeit in unsere Fehler stehe dem im Wege. Nichts hindere uns daran, weil Gott barmherzig ist. Gott, der Ewige, ist Barmherzigkeit. [...] Gottesmutter, hilf uns du, die du zur Mutter deines Sohnes wurdest! [...] Hilf uns, die du unsere Mutter bist, in unseren Tagen sicher zu sein, als was auch immer sie sich erweisen mögen: als Schmerz oder Freude, oder Schmerz und Freude.“ (Spuren, 2002, Nr. 10).

Wie uns Padre Mauro˗Giuseppe Lepori bei den letzten Exerzitien in Erinnerung gerufen hat, „die Neuheit, die Christus in die Welt gebracht hat, [...] ist eine Neuheit in den Beziehungen, eine Fraternität, eine neue Geschwisterlichkeit, eine Freundschaft, die für die Welt unvorstellbar und vor allem ohne Christus nicht möglich ist.“

Den eigenen Weggefährten mit Staunen, wie einen Bruder zu betrachten, weil es Christus gibt, ist der Beginn einer Einheit zwischen den Menschen, die ansonsten unmöglich ist, für uns und für die ganze Welt.

Lasst uns im Jubiläum seines hundertsten Geburtstags durch das dankbare Gedenken an Don Giussani, der „Christus, Leben des Lebens“ bezeugt hat, zu immer aktiveren Mitarbeitern an der Mission der von Papst Franziskus geleiteten Kirche werden und verfügbar sein, unser Leben für das Werk eines anderen hinzugeben.

In Freundschaft

Davide Prosperi