Nur Liebe kann aus Schlamm ein Wunder machen
Eine Gruppe von Studenten der Bewegung Comunione e Liberazione hilft bei den Aufräumarbeiten in den von der Flut betroffenen Gebieten bei Valencia.Liebe Freunde,
wir schreiben euch diesen Brief nach dem, was in der Provinz Valencia geschehen ist. Am 29. Oktober gab es dort sehr starke Überschwemmungen, die viele Orte in der Umgebung der Stadt zerstört haben. Die Situation hier ist verheerend. Wenn man durch die betroffenen Straßen geht, hat man den Eindruck, es sei nicht real, was man da sieht. Man kann kaum glauben, dass das alles wirklich passiert ist. Die Zahl der Toten ist schon sehr hoch und steigt weiter dramatisch an, während erst langsam Hilfe zu den Betroffenen gelangt. Als das Wasser kam, waren viele Menschen auf den Straßen, da man nicht mit derartigen Überflutungen gerechnet hatte. Momentan kann man noch gar nicht absehen, wann diese Schäden behoben sein werden. Es ist erschreckend, wenn man sich umschaut: Alles hat die gleiche Farbe. Man kann gar nicht erkennen, was da auf der Straße liegt. Wenn wir vor Ort sind, um zu helfen, laufen wir stundenlang durch knöcheltiefen Schlamm. Angesichts all dessen stellen sich einem viele Fragen: „Wo bleibt die Hoffnung?“ „Wo ist Christus?“
Was uns überrascht hat in diesen Tagen, war, wie sehr uns die Freundschaft mit unseren Kameraden vom CLU trägt angesichts des Schweren, was wir hier sehen. Und das gilt nicht nur für die hier am Ort, sondern auch für all diejenigen, die uns geschrieben haben aus dem übrigen Spanien und aus Italien. Wie ihr vielleicht wisst, gibt es die Gemeinschaft des CLU in Valencia erst seit einem Jahr, viele von uns kennen sich sogar erst seit ein paar Monaten. Trotzdem können wir mit Gewissheit sagen, dass wir nichts anderes brauchen, um uns dieser Situation stellen zu können. Bei unserer Arbeit in diesen Tagen war es evident, dass Gott unsere Freundschaft nutzt, um etwas aufzubauen. Die Freunde sind nämlich das, was uns hilft, dass in dieser Situation die Verzweiflung nicht das letzte Wort behält. Gestern zum Beispiel wurden alle Freiwilligen aus einer Straße abgezogen, die wir gerade vom Schlamm befreiten, damit die Einsatzkräfte eine Garage auspumpen konnten, bei der sie nicht wollten, dass jemand sieht, was darin war. In diesem Moment war uns klar, dass man einer solchen Situation nicht alleine begegnen kann. Nur innerhalb einer Freundschaft wie unserer kann man hier weiter helfen und ganz man selbst bleiben.
Ein weiterer Aspekt, der uns beeindruckt, ist die Menge an Freiwilligen, die sich jeden Tag auf den Weg machen, um zu helfen. Tausende von Menschen gehen aus der Stadt in die betroffenen Gebiete. Es ist beeindruckend zu sehen, wie diese Solidarität und das Bedürfnis zu helfen alle Menschen bewegt. Die Barmherzigkeit Gottes nutzt alle Menschen, die diesen Wunsch im Herzen tragen. Andererseits bewegt es uns, dass wir in den Gesichtern derer, die uns begegnen, zwar einen großen Schmerz, aber keine absolute Verzweiflung sehen. Im Gegenteil: Viele Menschen sind voller Hoffnung und Dankbarkeit für die Hilfe, die sie erfahren. Gestern haben wir zum Beispiel einer Familie geholfen, und es war unglaublich, wie dankbar sie waren, dass wir ihre Straße vom Schlamm befreit hatten. Sie luden uns zum Mittagessen ein, da das ihre einzige Möglichkeit war, sich bei uns zu bedanken. Es wurde sehr deutlich, dass wir durch unsere Hilfe selbst mehr empfangen, als wir geben.
Am Donnerstag, als wir gerade die Kirche in einem Dorf saubermachten, zusammen mit ganz vielen anderen Leuten, kam eine Frau auf uns zu, die sich wunderte, dass sie uns noch nie in dieser Pfarrei gesehen hatte. Sie war beeindruckt, dass wir da waren, um zu helfen, ohne dort irgendjemanden zu kennen. Sie fragte: „Woher kommt ihr, vom Himmel?“
Wenn man hier steht und sieht, was es noch alles zu tun gibt, kann man den Eindruck bekommen, unsere Hilfe sei nur gering. Doch das ändert sich, wenn man sich bewusst macht, dass das, was wir tun, viel mehr ist als nur das Reinigen einer Straße oder das Heraustragen von Möbeln aus einem Haus. Unser Anteil ist vielleicht nur klein, aber er trägt dazu bei, mehr aufzubauen, als wir uns vorstellen können. Wir haben erkannt, dass wir Werkzeuge in den Händen Gottes sind und dass wir uns nur ganz hinzugeben brauchen, dann wird Gott damit bauen. Gestern haben wir eine Straße gesäubert, und für uns schien es das Gleiche wie an den anderen Tagen. Aber für die Leute, die dort wohnen, war es eine große Gnade, dass ihre Straße wieder so aussah wie vorher und sie sie wieder benutzen konnten. Eine Freundin von uns meinte: „Ihr seid die Liebkosungen des Herrn für diejenigen, die so viel verloren haben. Es gibt dort sehr viele Zeichen seiner Gegenwart.“
Angesichts der Fragen, die sich einem stellen bei all dem Schmerz und Unglück, Fragen nach dem Sinn all dessen, was da geschehen ist, ist das Einzige, was uns in den Sinn kommt, das Bild von Christus am Kreuz, von Gott, der sein Volk nicht verlässt, ihm nahe ist in seinem Leid und gleichzeitig der Grund seiner Hoffnung. Wir sind sehr dankbar, dass wir den Herrn in den Dingen, die wir euch geschildert haben, so klar und deutlich zu erkennen vermochten. Das scheint vielleicht seltsam, und wir verstehen es immer noch nicht ganz, aber nach diesen Tagen können wir es nur bestätigen. Das nimmt uns nicht das Leid und die Trauer angesichts der Realitäten, aber wir können jetzt noch lauter ausrufen, dass Christus die einzige Antwort ist.
Betet weiter für die Opfer, für die Betroffenen, für die freiwilligen Helfer und für alle, die daran arbeiten, die Lage zu verbessern. Wir danken euch sehr für eure Nähe, wir fühlen uns eng von euch begleitet.
Die Gemeinschaft des CLU von Valencia