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Weihnachten, die Barmherzigkeit des Vaters

Eine Meditation von Don Luigi Giussani aus dem Buch Dalla liturgia vissuta ("Gelebte Liturgie").
Luigi Giussani

Mit Weihnachten ist eine neue Realität in die Welt eingetreten, eine neue Gegenwart. Die Gewissheit wird objektiv. Die Gegenwart des göttlichen Wortes ist nicht nur eine Erscheinung, die auch täuschen könnte. Die Botschaft von diesem neuen Leben, von dieser Gegenwart interessiert uns nur, wenn sie mit jedem einzelnen von uns zu tun hat. Die Inkarnation ist darauf ausgerichtet, uns seiner Gottheit ähnlich zu machen. Das Wort ist Fleisch geworden ... um uns in sich aufzunehmen. Zu diesem Gegensatz zum Banalen und Flüchtigen, diesem Göttlichen im Menschlichen gehört wesentlich, dass es uns mit sich identifiziert, dass es uns in sich aufnimmt. Nach Weihnachten sind wir eine neue Präsenz.

Ich möchte vor allem einen grundlegenden Faktor im ganzen Geheimnis der Weihnacht hervorheben, einen Faktor, der am Ursprung unserer Hingabe als Christen steht und alles bestimmt: den Vater. Denn es ist ja die Barmherzigkeit des Vaters, die Macht des Vaters, aus der Weihnachten hervorgeht. Christus unter uns ist das Offenbarwerden seines Wohlwollens, seiner Liebe. Der Vater ist die treibende Kraft bei allem. Daher ist das Erste und Wichtigste am Ursprung unseres christlichen Lebens einzig und allein der Wille des Vaters.
Die Religiosität besteht darin, dass man das tut, was „dem Vater gefällt“ (Joh 8,29). Man kann tatsächlich eine Leidenschaft für Christus entwickeln, aber nicht religiös sein, wenn einem der Sinn für das Geheimnis fehlt. Die Anbetung des Vaters ist dagegen die Garantie dafür, dass auch die Liebe zu Christus wahr ist. Denn das Geheimnis kann man nicht auf Sentimentalität oder Dialektik zurückführen, es ist das Geheimnis-Autorität.

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Versuchen wir nun zu betrachten, welche Auswirkungen das Gesagte auf die Methode und auf das Verhalten hat. Fragen wir uns: Welchen Wert, welche Bedeutung hat der Satz Christi: „Ich tue immer das, was meinem Vater gefällt“ ? Es bedeutet ein Handeln, das als grundlegende Dimension den Gehorsam hat. Das Ursprüngliche und Wichtigste, die Autorität, aus der alles hervorgeht, wird uns also durch ein Ereignis deutlich. Die Verkündigung, die Botschaft ist ein Ereignis. Wenn also in dem Ereignis die ursprüngliche Autorität deutlich wird, dann wird dieses folglich zu einer Autorität in unserem Leben.
Die Bibel stellt sich den Dialog über die Sendung zwischen dem Vater und dem Sohn, aus dem die Erlösung der Welt entstanden ist, als einen Dialog des Gehorsams vor: „Hier bin ich, sende mich! Du hast mich gerufen, hier bin ich, sende mich.“ Das Geheimnis der Inkarnation, das Geheimnis von Weihnachten ist das Geheimnis des Gehorsams. Und Tod und Auferstehung Christi sind Gehorsam gegenüber der endgültigen Macht des Vaters. Diese endgültige Macht ist Christus. Er ist der Gehorsame.
„Mein Vater wirkt bis jetzt und auch ich wirke“ (Joh 5,17). „Amen, Amen, ich sage euch: Der Sohn kann nichts von sich aus tun, sondern nur, wenn er den Vater etwas tun sieht“ (Joh 5,19). „Von mir selbst aus kann ich nichts tun; ich richte, wie ich es vom Vater höre, und mein Gericht ist gerecht, weil ich nicht meinen Willen suche, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat“(Joh 5,30). „Ich bin nicht vom Himmel herabgekommen, um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.“ (Joh 6,38).
„Meine Lehre stammt nicht von mir, sondern von dem, der mich gesandt hat“ (Joh 7,16).
„Ich kenne ihn, weil ich von ihm komme und weil er mich gesandt hat“ (Joh 7,29).
„Ich tue nichts von mir aus, sondern sage nur das, was mich der Vater gelehrt hat“ (Joh 8,28).
„Ich sage, was ich beim Vater gesehen habe“ (Joh 8,38).
Der Gehorsam gegenüber dem Vater, der diesem neuen Subjekt Bestand verleiht, der predigen, am Kreuz sterben, auferstehen und die Kirche gründen wird, ist der Gehorsam gegenüber dem Plan des Vaters. Und der ist nur zu fassen in konkreten, geschichtlichen, banalen Begriffen, in Begegnungen, Ereignissen und Dingen.
Das Wichtigste, wozu das Geheimnis der Weihnacht aufruft, ist zum Gehorsam in der Welt. Dann begreift die Menschheit den tiefen Frieden, der daraus entsteht, dass sie ihre richtige Haltung wieder einnimmt: die des Geschöpfes. „Friede auf Erden den Menschen, die seine Ankunft erwarten.“
Man kann nichts aufbauen außer im Frieden. Der Herr, der gekommen ist, um den Menschen und die Welt wieder aufzubauen, wiederherzustellen (wenn man nicht von neuem geboren wird, kann man das Reich Gottes nicht sehen ), ist gekommen, um vor allem den Frieden zu bringen. „Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir.“ Das ist der Friede, das Vertrauen in den Plan Gottes mit uns: in das Wort, das Gott uns gesagt hat und uns sagt, in seinen Plan mit uns.
Dieses Vertrauen in Gott, der uns ruft, in seine Ordnung, ist der Glaube. „Mein Gerechter wird aus Glauben leben“. Die Gnade der Weihnacht ist die Gnade des Friedens, der die Frucht des Glaubens ist, des Vertrauens in sein Wort.
Am Ende des Adventes, der Zeit der Erwartung (des Vertrauens, dass er kommt) steht ein anderes Vertrauen: die Gewissheit, dass er schon gekommen ist, dass er schon in uns wirkt.
Der Friede, das Gefühl, dass das eigene Leben auf einer Gewissheit fußt und von einer Kraft getragen ist, kann nur aus dem Bewusstsein der Autorität des Vaters erwachsen. Je bewusster uns unsere Beziehung zum Vater ist, um so stabiler ist alles in unserem Leben. Analog dazu erwächst aus der faszinierenden Ungeschuldetheit, aus der immensen Schönheit dieses Ereignisses, durch das wir den Sinn jedes Dinges entdeckt haben, im Gedenken an ihn („Tut dies zu meinem Gedächtnis“) unsere wahre Ruhe im Handeln.
Wenn wir nicht in diesem äußersten Vertrauen verankert sind, müssen wir, um in Ruhe zu sein, uns von morgens bis Abends beschäftigen, um uns zu rechtfertigen. Wir sollen im Gegensatz dazu im Vertrauen auf dieses Faktum leben, uns also seiner bewusst sein. Und sich dieses Faktums bewusst zu sein, heißt, sich seiner selbst bewusst zu sein.
In der Stunde seiner Todesangst hat Jesus Christus drei Menschen mitgenommen, und er war traurig, weil sie nicht mit ihm wachen konnten. Das gilt auch für uns.
Dieser Friede, der aus der Beziehung mit dem Vater entsteht, dieses Ereignis, aus dem alles hervorgeht, das Vertrauen, das wir auf etwas anderes setzen, auf etwas, das uns vorausgeht, wird äußerlich deutlich dadurch, dass wir uns auf die Gemeinschaft stützen, auf die Menschen, die in das gleiche Ereignis einbezogen sind.
Die „Erinnerung“ an dieses Ereignis schafft eine Gemeinschaft für das ganze Leben. Eine Gemeinschaft allerdings, zu der es keine Alternative gibt, weil sie eine Dimension unseres Ichs ist, ein Ort der Inspiration für unser Handeln und nicht der Kompetenz oder Organisation dieses Handelns.
Je tiefer unser Sinn für die Beziehung zum Vater ist, um so stärker und unauslöschlicher ist auch die Gemeinschaft mit denen, die Gott uns an die Seite gestellt hat. (Christus opfert sich vor allem für diejenigen, die der Vater ihm gegeben hat.) Die Gemeinschaft ist wie ein Fortdauern des Ereignisses, eine Objektivierung der Beziehung mit dem Sinn von allem. Die Gemeinschaft ist bei allem, was ich tue, wie der Antrieb zum Handeln. (Daher ist sie alternativlos.)
Das ist der erste Kern der Liebe, durch die auch die Liebe zu allem anderen bestimmt wird. Wenn wir diese ursprüngliche Liebe nicht schätzen, aus der alles hervorgeht, dann verringert sich auch die Liebe zu den anderen. Dann wird sie entweder dümmer (weil sie ihr Motiv weniger versteht) oder individualistischer (weil wir sie letztlich selber gewählt haben).
Der Friede lebt als Hoffnung. Das Volk Gottes, unsere Gemeinschaft, ist der Ort dieser Hoffnung.
Der Friede ist die Gewissheit, das Warten „auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus“ , und sonst nichts. Das Erscheinen der Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus folgt dem Plan des Vaters. Und das Gesetz, das darauf hinweist, dass es dem Plan des Vaters folgt, ist das Wort Menschwerdung: ein Glaube innerhalb der Welt.
Der Vater hat sich uns geoffenbart und uns den Sohn geschenkt in einer ganz konkreten und strukturierten Realität: Er wurde in jener Nacht, in dieser konkreten Situation geboren, diese und jene Menschen haben ihn gesehen, er wurde beschnitten wie alle Juden und er erhielt den Namen, der vorher festgelegt worden war. Daher bestimmt das Stückchen Welt, aus dem unser Hier und Jetzt besteht, die Weise der Menschwerdung.
Ein vollkommenes Zusammengehören: „in allem dem Menschen gleich“ .
Die Bedingungen der Situation, in die Gott uns stellt, sind so präzise, die Weise, in der dieser Glaube Fleisch wird, ist so konkret, dass das Klima, die Bedürfnisse der Welt, der Gesellschaft, in der wir leben, all das, die Form unseres Zeugnisses und die Form der Präsenz unseres Glaubens bestimmt.
Ein Glaube in der Welt: In unserer Zeit verlangt der Plan Gottes dieses „in der Welt“ so dringend, dass es unausweichlich wird. Um überhaupt zu sein, muss man in der Welt sein. Sich aus der Welt zurückzuziehen, ist gewiss eine außergewöhnliche Berufung in diesem historischen Moment.
Trotzdem, und auch wenn es nicht so zu sein scheint, bewirkt nur die Hoffnung, die Hoffnung, die der Glaube uns schenkt, dass er Fleisch wird.
Es scheint, dass man konkret ist, wenn man etwas tut. Und vielleicht ist man über sich und die anderen bekümmert, weil man nichts tut. Es scheint, dass das Tun das ist, was unserem Glauben Bestand verleiht. Doch das ist ein schrecklicher Irrtum.
Wenn sie nicht aus dem Glauben und aus der Hoffnung erwächst, dann ist die Fleischwerdung eine Flucht, ein Nicht-Aushalten des Kreuzes und nur vermeintlich eine Hilfe. Aber man macht den Sprung nicht und hält sich alle Möglichkeiten offen.
Die Fleischwerdung entsteht aus dem Glauben, lebt in der Hoffnung, ist Liebe. Sonst ist sie nichts wert und schenkt keinen Frieden. Die Fleischwerdung, in der sich das Opfer vollzieht, ist Liebe.
Sie ist die Verkündigung einer neuen Wirklichkeit, sie ist „der Tag, den der Herr für uns gemacht hat“ . Glaube, Hoffnung, Liebe sind die Wirkprinzipien, durch die das Übernatürliche, das unsichtbar in uns ist, sich erfahrbar macht, die Prinzipien, durch die wir uns neu mit Gott identifizieren, neu geboren werden, zu einer geheimnisvollen Einheit mit Christus gelangen.

Was unsere eigentliche Arbeit wäre, zeigt uns die Haltung der Hirten: „Als sie es sahen, erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war“ (Lk 2,17). „Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für alles, was sie gehört und gesehen hatten, so wie es ihnen gesagt worden war“ (Lk 2,20). Christus hat sich mitgeteilt durch seine Sendung. Und das, was er uns mitgeteilt hat, sollen wir kundmachen wie die Hirten. Dieses Kundmachen ist das gleiche wie das Rühmen und das Preisen Gottes.
Die Freude der Heiligen Nacht entspringt daraus und drückt sich darin aus, dass wir etwas besitzen – die Botschaft –, was nicht uns gehört, sondern einem anderen. Eine Freude, die reine Liebe, reiner Altruismus ist. Deshalb ist Weihnachten das Fest des Kindes – im biblischen Sinne –, also des Einfachen. In der Fähigkeit, sich für einen anderen zu freuen (statt für sich selber), schließt sich der Kreis von Schöpfergott und Erlösergott. Denn in dieser Einfachheit tritt das zutage, was wir im Grunde sind: das Warten auf einen anderen. Wenn es in uns nicht wenigstens einen Funken dieser Einfachheit gäbe, könnten wir Gott nicht annehmen und uns nicht bewusst werden, dass diese Botschaft wahr ist, dass sie uns und unserer Erwartung entspricht.
Die Weihnachtsliturgie ist die Liturgie der Gottesmutter.
„Selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ“ (Lk 1,45).
Selig ist sie also nur, weil sie der Botschaft vertraut hat. Die Seligkeit, die Wahrheit des christlichen Lebens hängt nur davon ab, wie rein man die Botschaft annimmt und lebt. So rein wie Maria, wie die Hirten und wie die Weisen aus dem Morgenland.
„In diesen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte ...“ (Lk 1,39)
(Diese Eile entspricht dem, wovon der heilige Paulus im neunten Kapitel des 2. Korintherbriefes spricht: „Gott liebt einen fröhlichen Geber.“ ) „... in eine Stadt im Bergland von Judäa. Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabet. Und es geschah, als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. Und selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ“ (Lk 1,39-45).
Bedenken wir, was dieses Ereignis für Maria bedeutet haben muss und wie sie ihm gehorsam war. Etwas Analoges geschieht in unserem Leben, wenn Gott uns durch besondere Ereignisse „ruft“. Ich meine damit ein Ereignis, das sich auch mehrmals und auf unterschiedlichen Ebenen in unserem Leben wiederholen kann. Aber es hat einen ganz bestimmten, klar feststellbaren Anfang.
Es gibt nämlich Momente, die so klar sind und eine solche Autorität haben, dass alle anderen (die auch eine unauslöschliche und dauerhafte Bedeutung haben) nur deren Weiterführung und Vertiefung sind.
Ein solches Ereignis offenbart und erhellt ganz deutlich alles andere. Wie für die Apostel das Pfingstereignis. Es löschte die Erlebnisse auf dem Kalvarienberg oder die Auferstehung nicht aus, aber es erhellte, erklärte sie und gab ihnen eine neue Bedeutung. In diesem „erhellenden“ Ereignis offenbart sich die Autorität des Vaters. Die Geschichte unserer Beziehung mit der Kirche erhält so ihre Bedeutung, nämlich dass sie zur Wurzel unserer Persönlichkeit gehört. In unserem Leben lässt sich ein neues Wort vernehmen, ein neuer Diskurs. So wie die Autorität sich als „normative Idee“ enthüllt, stellt dieses Ereignis den Ursprungsmoment unseres Lebens als Christen dar, nicht im ontologischen Sinne (denn das ist die Taufe), sondern im Bezug auf die Autorität. (Es ist das Ereignis, das uns auch den Sinn der Taufe verstehen lässt.)

Unsere Funktion, das, was wir persönlich beitragen, mit unserem spezifischen Reichtum, die Gemeinschaft, in der unsere Person ruht und sich nährt, auf die unser Ich sich mit der gleichen Ganzheit bezieht, mit der es sich erfasst, die Gemeinschaft, aus der wir unsere Inspiration beziehen, sind genau durch dieses offenbarende Ereignis bestimmt, das die Bedeutung unserer christlichen Existenz zutage treten lässt. Etwas Spezifisches, das wir zugleich gemeinsam haben, das keineswegs eine Alternative zu irgendetwas ist, sondern das unsere Verbundenheit mit allem, unsere Hingabe an die Welt möglich, vernünftig und voller Sympathie macht. Dieses Spezifische und Gemeinsame sind konstitutive Kennzeichen unseres Ichs, keine Faktoren, die von außen dazu kommen.
Wie wir uns mit unserem Gesicht bewegen, handeln und leben, so agieren und leben wir auch mit dieser erhellenden Inspiration und mit dieser inspirierenden Gemeinschaft, die entstanden sind aus diesem offenbarenden Ereignis, aus dieser Botschaft, die wir erhalten haben. Es handelt sich um ein Ereignis, das ein neues Licht auch auf die Fakten wirft, die für unser persönliches Leben konstitutiv sind. Deswegen tun wir immer das, was diesem Faktum „gefällt“, und deswegen bewegen wir uns gewissermaßen auf der Welle dieser Botschaft. Unser Handeln kommuniziert diese Botschaft, ist wie ein Missionar dieser Botschaft.
Was für einen Sinn hätte es sonst, sich anderen zu widmen? Es wäre nur eine Reihe von Reaktionen ohne Sinn, eine Aktivität, die ihre Kriterien letztlich den Reaktionen unseres Ichs entlehnte. Der Vater dagegen tut alles nach einem Plan, er macht alles in Funktion des Ganzen.
Wenn ein Pol in der Dialektik, die das Weihnachtsgeheimnis für uns darstellt, die Gestalt Mariens ist, dann ist der andere die Theorie der Heiligen. Wenn der erste Begriff die Botschaft ist, dann ist der zweite das Zeugnis. Die Feste der Heiligen, die unmittelbar auf Weihnachten folgen, setzen genau diese Idee des Zeugnisses für die Ankunft des Herrn in der Welt um und finden in der Epiphanie ihr ursprüngliches Moment: dass der Herr sich aller Welt zeigt, da er ja für die ganze Welt gekommen ist.

Unser ganzes Leben, seine Bedeutung erschöpft sich darin, dass wir für ihn Zeugnis ablegen, indem wir allen mitteilen, dass er gekommen ist. Der Christ ist ja keineswegs besser als alle anderen. Aber er hat die Aufgabe erhalten, den anderen die Botschaft und die Freude von Weihnachten zu vermitteln. Daher ist es nicht die Aufgabe des Christen, die Strukturen umzustürzen, sondern die Botschaft zu verkünden. Diese Botschaft kann man allerdings nur verkünden, wenn man Weggefährte der Menschen ist. Daraus ergibt sich die Aufgabe im Bezug auf alles, was mit dem Menschen zu tun hat – und damit auch mit den Strukturen. Aber das ist eine Konsequenz und ein Mittel zum Zweck. Denn der Wert des menschlichen Einsatzes kommt aus dem Transzendenten. („Ohne mich könnt ihr nichts tun.“ „Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig.“ ) Das Bewusstsein für das Missverhältnis zwischen unserem Tun und dem letzten Ziel hat hier seinen Ursprung. Unsere Aufgabe ist es, zu verkünden: „Der Herr ist gekommen, daher sei getrost und hab keine Angst.“ Es geht um eine Leidenschaft für das Zeugnis, aufgrund der wir, wie der heilige Paulus, allen alles werden .
Der Aufruf der Weihnachtszeit liegt in dem Wort, das sich uns mitgeteilt hat, in dem Wort, dass die Welt wieder erstehen lässt und aufbaut. Wir müssten uns mit unserer ganzen Person nach Christus als dem „Alles“ unseres Lebens und der Welt sehnen. Diese Identifikation ist im Glauben möglich, und der Glaube ist ein Urteil, das den Wert und die Implikationen des Faktums anerkennt, das unter den Menschen geschehen ist.