Du der Hoffnung stets lebendige Quelle
„Möge diese stets lebendige Quelle der Hoffnung unmittelbar jeden Morgen der Sinn unseres Lebens sein, jeden Morgen so energisch und beharrlich, wie nur möglich.“ Grußwort von Don Giussani beim Meeting in Rimini 2002 zu Dantes Hymnus an die Gottesmutter.Was ich Euch sagen möchte, stellt eine Art Revanche dar für die scheinbare Nutzlosigkeit des Lebens, für das scheinbare Scheitern unserer Pläne, eine Art Revanche, wie man sie sich nicht klarer und tiefer vorzustellen vermag. Wer diese Revanche nicht erlebt hat, wer nicht erfahren hat, wie sie ist, weil sie ihm nie gegeben wurde, gibt im Leben ständig Anlass für wirklich hässliche Dinge. Das schönste Gedicht auf Erden ist Dantes Hymne auf die Jungfrau im Paradies, das jahrhundertelang niemanden interessiert hat, außer vielleicht manch' einen Verehrer des Dichters:
„Jungfrau und Mutter, Tochter deines Sohnes, / Vor allen Wesen groß und voll von Demut,/ Du vorbestimmtes Ziel im ewigen Rate“, unumgänglicher Hinweis auf Den, der alle Dinge entworfen hat, den Kosmos als Ausdruck Seiner selbst. Ja, „durch dich allein ist die Natur der Menschen/ So sehr geadelt, dass ihr Schöpfer selber/ Es nicht verschmäht hat, ihr Geschöpf zu werden/ in deinem Leib“... bei diesem Vers hier haben wir es mit dem faszinierendsten Aspekt der Dantes Dichtung zu tun... „In deinem Leib entbrannte jene Liebe/ Durch deren Glut in diesem ewigen Frieden/ Uns diese Blume hier erblühen konnte.“ Durch deren Glut in diesem ewigen Frieden, d.h. ohne allen Kleinmut, ohne die Scham der Lüge, ohne jede Falschheit. Das Wort „Glut“ bezeichnet dabei jene innige, unaussprechliche Faszination für das Leben des Kosmos, welches der Geist des Ewigen hat beginnen lassen. Und Dante fährt fort: „Hier bist Du uns die mittägliche Leuchte/ der Nächstenliebe“, Du bist der sichere Hort der Liebe, „drunten bei den Menschen/ Bist Du der Hoffnung stets lebendige Quelle.“ Ich wollte euch allen diese Verse vorlesen, weil ich genau das euch wünsche, was dieser Vers sagt: „Hier bist Du uns die mittägliche Leuchte/ der Nächstenliebe/ Drunten bei den Menschen/ Bist Du der Hoffnung stets lebendige Quelle.“
Unter allen Nationen des Universums bist Du der Hoffnung stets lebendige Quelle, unerschöpfliche Quelle der Hoffnung; stets von neuem bietest Du die Hoffnung an als Bedeutung aller Dinge, als Licht des Lichtes, als Farbe der Farben, als das Andere des Anderen.
Du bist der Hoffnung stets lebendige Quelle: die Hoffnung ist der einzige Bahnhof, an dem der große Zug des Ewigen für einen kurzen Augenblick anhält.
Du bist der Hoffnung stets lebendige Quelle. Ohne Hoffnung kann es kein Leben geben. Das Leben des Menschen besteht in der Hoffnung, daher lade ich euch ein, eure Augen auf die Hoffnung zu richten! Eure Augen wurden in diesen Tagen des Meetings dank zahlreicher Vorträge darauf ausgerichtet.
Unter den Sterblichen bist Du der Hoffnung stets lebendige Quelle. Die Gestalt der Gottesmutter ist wirklich die Gestalt der Hoffnung, der Gewissheit, dass Du - wie sich das Mittelalter ausdrücken würde - unter dem Himmelszelt bei Tag und Nacht die Quelle strömenden Wassers bist. Möge diese stets lebendige Quelle der Hoffnung unmittelbar jeden Morgen der Sinn unseres Lebens sein, jeden Morgen so energisch und beharrlich, wie nur möglich. Aus diesem Grunde sind wir Freunde. Bleiben wir also Freunde! Doch wie? Allein deswegen! Auch in meinem gebrechlichen Alter wollte ich euch zurufen: es gibt eine Hoffnung, nur eine Hoffnung gibt es! Sie besteht objektiv gesehen in dem, was die Gottesmutter der Welt „auferlegt": Du bist der Hoffnung stets lebendige Quelle. Möge diese Quelle Tag für Tag, jeden Morgen lebendig sein! Seit einigen Jahren habe ich den Gedanken liebgewonnen, dass man spontan von Freude überfallen wird, die auch nur einen Augenblick lang dauern mag, aber in der die Wahrheit des ganzen Lebens zum Vorschein kommt.
Du bist der Hoffnung stets lebendige Quelle. Ich wünsche euch allen, dass wir Weggefährten werden und wir uns innig als Freunde verbunden wissen, auch wenn wir uns nicht direkt kennen. Wir kennen uns indirekt, doch mehr, als wenn es direkt wäre. Stets lebendige Quelle, Jungfrau und Mutter, Du vorbestimmtes Ziel im ewigen Rate. Wahnsinn! Von diesen Dingen nach siebzig Jahren zu sprechen, ist einfach beeindruckend. Es ist völlig klar, dass nichts auf der Welt gewiss ist, wenn nicht all dies. Ciao und verzeiht die Störung!