Wochenende in Xanten

Neuer Schwung fürs Leben

Dankbarkeit ist sicher das Wort, das einem als erstes einfällt, wenn man an das Wochenende für junge Erwachsene und Familien in Norddeutschland denkt. Vom 2. bis 4. Dezember 2022 waren dazu 65 Leute in Xanten versammelt.
Bernardo Dolce

m Jahr zuvor hatten wir diese Tage schon organisiert, um nach den gemeinsamen Sommerferien unsere Freunde wiederzusehen. Dieses Jahr war es mehr der Wunsch, sich auszutauschen über ein paar entscheidende Fragen des Lebens, die im zurückliegenden Jahr aufgetaucht waren.
Nachdem wir uns lange mit den Exerzitien beschäftigt hatten, wollten wir nun darüber sprechen, ob und wo wir in unserem Leben erkennen, dass Christus das einzig Notwendige ist. Es war erstaunlich, wie ernst alle diese Frage nahmen und wie wir bei den gemeinsamen Tagen nicht nur hören, sondern – ich würde fast sagen –„atmen“ konnten, wie konkret und greifbar Christus die Antwort auf das Drama des Lebens ist. Diese Erfahrung kann man, wenn man ein waches Herz hat, auch dann machen, wenn man allein in einer abgelegenen Stadt im Norden Deutschlands lebt.

Eine Freundin aus Darmstadt sagte hinterher zu mir: „Da waren Leute, die leben wirklich die Tatsache, dass Christus alles ist. Ich habe dort Menschen getroffen, die ein ähnliches Herz haben wie ich und mit denen ich ganz offen sprechen konnte. Nach diesem Wochenende kehre ich in meinen Alltag zurück mit dem Wunsch, dass Jesus all die einzelnen Stücke von mir aufsammelt und mir das Gefühl schenkt, eins und erfüllt zu sein.“

An dem Wochenende in Xanten haben wir auch eine Versammlung gemacht und die Beiträge, die da kamen, bezeugten die lebendige Menschlichkeit und Schönheit des Christseins. Eine Freundin aus Hamburg erzählte: „Das erste halbe Jahr war sehr schwierig für mich, eine Zeit voller Herausforderungen, die mich mit Ängsten und Befürchtungen erfüllte, so dass ich nachts nicht schlafen konnte. Ich habe vieles versucht, aber nichts konnte mir die Freude und Gelassenheit wiedergeben! Im August lernte ich dann durch meine Schwester eine Gemeinschaft von Dominikanern kennen. Ab da ging ich fast jede Woche zur eucharistischen Anbetung bei ihnen. Dieser Ort wurde für mich mit der Zeit immer wichtiger, weil ich in diesen Stunden der Stille die Erfahrung machte, all meine Sorgen und Ängste vor einen Anderen tragen zu können. Ich konnte wieder durchatmen und erhielt neuen Schwung, auch gegenüber meinen Freunden aus der Hamburger Gemeinschaft von CL. Auch dank ihrer Begleitung spürte ich wieder die Liebe Christi zu mir und den Wunsch, mich ihm anzuvertrauen, anstatt mich in meinen eigenen Gedanken zu verschließen. Die schwierigen Umstände hatten sich nicht geändert, aber das Bewusstsein, dass Jesus mich liebt, gab mir wieder Frieden – und ließ mich wieder schlafen!“ Das „erste Galiläa“, von dem Papst Franziskus gesprochen hat, die Liebe zu Christus, ist nicht nur eine Erinnerung, sondern eine Evidenz, die in unserem Leben mit Fleisch und Blut wieder zum Protagonisten wird!

Bei den Tagen in Xanten haben wir auch viel mit den Kindern gesungen und gespielt. Und viele waren berührt davon, mit wie viel Herzblut sich einige da engagiert haben, als seien diese Momente das Wichtigste. Das geschah offensichtlich aus einer Dankbarkeit heraus und war nicht nur eine Mühe! Manche Freunde waren ganz bei der Sache, selbst in den kleinsten Details unseres Zusammenseins, weil sie dankbar waren und sich danach sehnten, Christus wieder am Werk zu sehen. So zum Beispiel bei der Versammlung am Samstagmorgen oder bei der Einführung am Freitagabend, als wir einen Teil des Vortrags von Don Giussani zum Thema „Christus anerkennen“ hörten: „Wenn ich in diesem Augenblick aufrichtig bin und nachdenke, dann erkenne ich: Nichts ist so evident, nicht einmal du, der du zwei Meter von mir entfernt sitzt, nichts ist so evident wie die Tatsache, dass ich mich in diesem Augenblick nicht selber schaffe, dass ich meine Haare nicht mache, meine Augen, die Nase, die Zähne, dass ich mir mein Herz nicht gebe, meine Seele, meine Gedanken, meine Gefühle. Alles ist mir gegeben, damit sich der Plan Gottes erfüllt, ein Plan, der nicht der meine ist, durch alles, was geschieht.“

Das besser zu verstehen hat uns ein befreundetes Ehepaar aus Mainz geholfen, das vier Kinder hat. Am Sonntagmorgen erzählten sie ein bisschen aus ihrem Leben. Dieses Zeugnis war eine wunderbare Provokation für alle. Denn sie erklärten ganz einfach, dass für sie in allen Wendungen und Prüfungen ihres Lebens das Kriterium immer war, dem zu folgen, was Christus ihnen zeigte. Über seine Berufung zur Ehe sagte der Mann: „Das, was mir am Herzen lag, war immer meine Beziehung zu Gott. Daher habe ich auch mehrmals darüber nachgedacht, Priester zu werden. Eine Berufung ist aber nicht das, was man selbst sich aussucht, sondern der Ruf Gottes. Als ich meine Frau kennenlernte und mich ehrlich fragte, was ich mir am meisten wünschte, nicht der Form, sondern dem Inhalt nach, wurde mir klar, dass es gerade die Beziehung zu ihr war, die mir half, Jesus tiefer kennenzulernen.“ Es geht also darum, dem zu folgen, wozu Christus uns jeden Tag ruft. Denn seine Berufung zu leben bedeutet, Tag für Tag alles zu tun als Antwort auf Gott. Dies brachte auch ein Freund aus Hamburg zum Ausdruck, der nach dem Zeugnis der Eheleute aufstand und sagte: „Danke. Ihr zeigt uns, wie auch wir gerne alles leben würden!“

Eine Freundin hat uns berichtet, dass nach diesem Wochenende auf einmal wieder alle zum Seminar der Gemeinschaft kamen! Wenn sich etwas ereignet, fragt man plötzlich nicht mehr, ob man müde ist oder nicht. Man hat einfach das vor Augen, was geschehen ist, und ist ganz ergriffen davon!

Ich persönlich habe die folgenden Tage mit einer Sehnsucht im Herzen gelebt. Ich bin überzeugt, es gibt, wenn wir genau darüber nachdenken, nicht viele Dinge, die ein so starkes Gefühl der Sehnsucht auslösen können. So dass man sich eingestehen muss, dass das, was man erlebt hat, sehr konkret sein muss, um ein solches Gefühl auszulösen. Ich musste erstaunt feststellen, dass ich, der ich beruflich viel unterwegs bin, mich sonst nicht einmal so nach meiner Frau und meinem Kind sehne. Worin besteht also in Wahrheit meine Beziehung zu ihnen? Die Wahrheit ist, dass Christus meine Frau, die sich als eine der ersten für die Organisation dieser Tage eingesetzt hat, als Werkzeug genutzt hat. Dank ihrem Ja und dem vieler Freunde konnte ich wieder erkennen, was wirklich zählt in meinem Leben und nicht zuletzt in meiner Beziehung zu ihr, nämlich Christus! So, und nur so, liebe ich sie wirklich.

Als wir beide in den Tagen nach diesem Wochenende darüber sprachen, wie es gelaufen war, stellte sich vor allem ein Gefühl des Staunens ein darüber, was dieser wunderbare Weg, der unsere Bewegung ist und den wir in den vergangenen Jahren gemeinsam gegangen sind, bei uns bewirkt hat. Und ein Gefühl des Staunens darüber, dass durch die Gnade das geschehen ist, wozu uns der Papst am Ende seiner Ansprache aufgefordert hat: diesen Weg heute weiterzugehen mit Freiheit, Kreativität und Mut.