Corvara 2023. Zurück zum ersten Galiläa der Begegnung
An den Familienferien für die Freunde aus Bayern und Baden-Württemberg nahmen dieses Jahr 250 Menschen teil. Vierzig Prozent von ihnen waren Kinder aller Altersstufen. Hier drei kurze Berichte über diese Erfahrung.Die Familienferien der Gemeinschaften aus Bayern und Baden-Württemberg sind vor einigen Tagen zu Ende gegangen. Wir trafen uns vom Samstag 3. bis Freitag 9. Juni im schönen Corvara und waren insgesamt etwa 250 Personen, davon rund 100 Kinder. Im Herzen trugen wir die Aufforderung des Papstes: „Vergesst nie dieses erste Galiläa der Begegnung“ und waren somit bereit, schöne Erlebnisse zu teilen.
Das Wetter war nicht wirklich schön, jeden Tag regnete es ein bisschen, aber „es hat sich sehr gelohnt“, wie Paolo Lamperti, der uns besuchte, in seinem Zeugnis sagte.
Es wurde uns nicht versprochen, dass dies kein Opfer verlangt, und das erfuhren wir auch, als wir am Dienstagmorgen, kurz vor Beginn der Spiele, die Nachricht vom Tod der kleinen Elisa hörten. Aber es lohnt sich immer, wieder erneut zu entdecken, dass „Christus alles neu macht“.
In jenen Tagen konnte man die Größe der sakramentalen Weggemeinschaft unter uns entdecken. Es ist wirklich möglich, durch diese Augen alles zu betrachten und die Welt als Horizont zu haben. Das Zeugnis von Elena Mazzola hat uns geholfen, eine neue Verantwortung zu entdecken. Wir konnten mit ihr gemeinsam auf die aktuellen Geschehnisse im Russland-Ukraine-Krieg schauen und dabei neu entdecken, dass man sich nicht allein retten kann, denn die Menschheit ist wie ein einziger Leib.
Vor und während der Fahrt nach Corvara trug ich in mir die Frage: „Wie kann man in dieser Weggemeinschaft, mit diesen Gesichtern hier vor mir, wirklich unterwegs zur Bestimmung sein?“ Mit diesem Gedanken im Hinterkopf wurde alles zu einer Entdeckung und einer Begegnung, sowohl mit Erwachsenen als auch mit Kindern. Auch die Kinder haben mich mit ihrem Staunen, ihrer Neugier und ihrer Fähigkeit, einfache Dinge als neu zu betrachten, sehr beeindruckt: Es war so, als ob alles vor ihren Augen läge! Es war eine große Hilfe, sie dabei zu haben, um jeden Augenblick als Fülle zu erleben!
Ich hatte bei der Vorbereitung der Spiele für die Ferien geholfen. Dienstag war der große Spieltag! Morgens wachten wir um 7 Uhr mit den anderen Freunden auf, um das Feld vorzubereiten, das uns vom Hotel zur Verfügung gestellt wurde. Leider mussten wir entdeckten, dass wir es doch nicht benutzen konnten. Wir irrten eine Weile umher (mit großer Sorge!), bevor wir einen geeigneten Platz fanden, an dem wir spielen konnten. Am Ende war die Alternative besser, als wir gedacht hatten: ein Platz, an dem wir die Teams an den 4 Spielstationen parallel spielen lassen konnten. Anderswo wäre es schwierig gewesen. Das Feld hatte einen Wasserbrunnen in der Mitte – ein nicht triviales Detail, denn unser größtes Problem war, wie wir das Wasser für die Seifenplanen und Wasserballons transportieren sollten. Auch in diesem Fall musste ich feststellen, dass die Realität größer ist als unsere Pläne.
Die Familienferien waren eine Chance, den Einen zu erkennen, der unter uns und vor allem in der Realität wirkt. Ein Abenteuer, um zum ersten Galiläa der Begegnung zurückzukehren!
Lucia
Wenn ich über die Ferien-Tage in Corvara nachdenke, fallen mir einige Stichworte ein, die uns in der Bewegung immer wieder in Erinnerung gerufen werden und die ich lebendig vor meinen Augen gelebt sah.
Während der Exerzitien die Fraternität hatte uns Pater Lepori in Erinnerung gerufen, ,,dass ein Charisma nur in dem Maße lebendig ist, wie es von der einzelnen Person ernst genommen, gelebt und ausgedrückt wird.“
Er sagte: „Daher liegt die Verantwortung für ein großes Charisma für die Kirche und zur Ehre Christi in der Welt voll und ganz bei jedem einzelnen von uns, es hängt von jedem von uns ab.“
Genau diese persönliche Lebendigkeit und Verantwortlichkeit habe ich in verschiedenen Momenten der Ferien an vielen Personen sehen können: Zum Beispiel während der Wanderung, auch bei Regen unter ungünstigen Bedingungen, wenn plötzlich Personen anfingen, auch im strömenden Regen miteinander Lieder zu singen und einander zu helfen, falls Kinder schlechter Laune waren und Unterstützung brauchten.
Genauso bewegend war es, unsere Freunde zu beobachten, wie sie mit Leidenschaft und großer Freude dabei waren, die Spiele zu organisieren und mit so vielen Menschen einigermaßen geordnet durchzuführen.
Hoffentlich werde ich es auch nie als selbstverständlich auffassen, mit welcher Ernsthaftigkeit und Schönheit unter uns die Lieder vorbereitet und vorgetragen werden.
Wie Don Giussani uns immer in Erinnerung gerufen hat, ist das der einfachste und zugleich tiefste Ausdruck unserer Menschlichkeit.
Wenn ich noch einmal an die verschiedenen Abende mit Berichten und Zeugnissen über das Thema von Krankheit und Zusammenleben in einer Familie , über die Arbeit oder über den Krieg in der Ukraine nachdenke, die soviel ehrliche Erfahrung und Menschlichkeit zum Ausdruck brachten, so wird mir eines deutlich: Die christliche Weggemeinschaft will mir nicht in erster Linie helfen, religiöser zu sein oder besser zu werden. Sie will und kann mir ganz einfach helfen, Mensch zu sein – mit allen Aspekten, Fragen und Herausforderungen, vor die mich das Leben stellt!
Auch wenn ich die Intensität dieser Tage möglicherweise wieder vergessen werde, und in mir wieder Zerstreuung und Oberflächlichkeit die Oberhand gewinnen können, so kann doch aus dem Erlebnis dieser Ferien eine Erfahrung werden (wie Don Giussani im Buch Der religiöse Sinn unterscheidet) weil etwas in mir ganz sicher verändert bleiben kann: Nämlich die Dankbarkeit, an einem solchen Leben teilhaben zu dürfen!
Andreas
Die Vorfreude auf die Familienferien war sehr groß. Nach einigen Jahren kehrten wir in die Dolomiten zurück mit dem großen Wunsch, endlich wieder die Schönheit der italienischen Gipfel zu sehen. Wir waren sicher, dass dies für einen unvergesslichen Urlaub reichen würde. Die Schönheit haben wir gefunden, aber von den Bergen haben wir nur wenig gesehen!
Trotz der schlechten Wettervorhersage haben wir versucht, dem Programm zu folgen und die vorgeschlagenen Ausflüge zu machen. Wir wanderten im Durchschnitt vier Stunden im Regen, bis auf die Knochen durchnässt trotzt Schirm und provisorischen Regenhüllen. Außerdem waren viele Kinder nicht immer fit. Aber wo haben wir dann die Schönheit gesehen?
Jeden Morgen wurden wir herausgefordert, die Wirklichkeit zu betrachten, das heißt vor den Umständen zu stehen, die uns in diesem Moment gegeben wurden (obwohl sie sich sehr von den Erwartungen unterschieden) und vor den Menschen, die uns in diesem Moment gegeben wurden. All das geschah, indem wir Christus vertrauten und angesichts der gegebenen Umstände „ja“ sagen, trotz aller Mühen. Und dies übertraf möglicherweise alle unseren Erwartungen und Ängste.
Dieses Jahr unterstützte ich das Vorbereitungsteam, indem ich mit den Kindern zusammen war und einige Aktivitäten für sie überlegte. Unter den vielen Vorschlägen, wie der Kinderchor, die abendliche Erzählung der Chroniken von Narnia, hatten wir auch daran gedacht, zusammen mit den Kindern ein kurzes Theaterstück für den letzten Abend zu proben und aufzuführen. Die Kinder waren von dieser Idee begeistert. Der einzige mögliche Zeitpunkt zur gemeinsamen Probe war jedoch zeitgleich zu einer anderen Veranstaltung am Abend. Leider verlief es nicht nach meinem Plan: Ich war allein (oder zumindest dachte ich das) mit 40 Kindern, müde vom anstrengenden Tag und unvorbereitet. Außerdem hätte ich schon wieder ein Treffen am Abend verpasst.
Kurze Zeit danach überkam mich die Idee, das Programm zu ändern. Es schein mir sehr verlockend, etwas Einfacheres wie zum Beispiel einen Film vorzuschlagen. Ich hatte Angst vor den Umständen, vor die ich gestellt wurde, und ich musste mich entscheiden, ob ich Christus vertrauen sollte: Vor mir standen die Kinder (sehr laut!) in einem Mini-Zimmer, die bereits angefangen hatten, die Kostüme anzuprobieren, und vier Eltern, die bereit waren, sich mit mir ins Abenteuer zu stürzen. Es war vor allem ein: „Aber jetzt bin ich da und ich kann dir helfen” von einer Mutter, die mir half, meine Unsicherheit zu überwinden und zu sagen: „Ich vertraue dir, Christus, schauen wir Mal, was passiert.“
Die Schönheit an diesem Abend habe ich nicht nur in dem gesehen, was die Kinder geschaffen haben, sondern vor allem in der ungeplanten Zusammenarbeit zwischen den Eltern. Es war schön, Gott in den kleinen Dingen, in den kleinen Gesten und in den Blicken der Menschen am Werk zu sehen. Am Ende waren wir sehr müde, aber glücklich über das, was wir zusammen erlebt hatten.
Es hat mich auch gerührt, dass mir am Ende des Abends eine Mutter, die an den von mir verpassten Treffen teilgenommen hatte, ihre Notizen mitbrachte und mir sagte, sie habe alles aufgeschrieben, um es mir zu erzählen. Das räumte auch jeden Zweifel darüber aus, dass ich etwas verpasst hatte, als ich mein Ja zum Vorschlag des Kinderabends ausgesprochen hatte. Ich habe gelernt, dass mein unendlicher Wunsch, geliebt zu werden, zu etwas Großem und Schönem zu gehören, sich meistens auf eine Weise erfüllt, die ich nicht erwarte.
Nunzia