„Hoffe und bleibe im Glauben verankert!“
Zeugnis: Wenn plötzlich eine Krankheit das Leben radikal verändert.Nach einem wunderbaren Urlaub mit meinen Eltern, in dem unsere zweieinhalb Jahre alte Tochter, die vielleicht zum ersten Mal keine Unannehmlichkeiten oder Krankheiten hatte, und mit einem Herzen voller Freude über die mit meiner Familie verbrachte Zeit, geht das Leben in Hamburg weiter. An einem Montagabend, dem 3. Juli, rufe ich wie fast jeden Tag meine Eltern an, um mich zu verabschieden.
Fast sofort spüre ich eine seltsame Nervosität, bis der Satz von meinem Vater kommt. „Mama hat einen seltsamen Knoten in der Nähe ihrer Brust, sie hat heute mit der Untersuchung begonnen, Mal sehen“.
Gleich darauf kommt der Anruf von meinem Bruder Marco (er ist Onkologe), der mir fast unter Tränen sagt: „Mach dich darauf befasst, es sieht schlecht aus. Ich werde unserer Mutter alles nach und nach erzählen, aber ich möchte dich vorbereiten. Wir müssen stark sein, aber wir müssen uns dessen bewusst sein, was passiert.“
In diesem Moment machte etwas in meinem Kopf klick, etwas Unerwartetes, Ungeheures, das mich extrem schwindelig machte. Die Angst vor dem Tod, die Ungewissheit, was aus unserem Leben wird und der tiefe Schmerz, weit weg zu sein. In der darauffolgenden Woche voller Verwirrung und Angst gab es viele schlaflose Nächte, Gebete, die die innigen Schreie eines Sohnes waren, der den Vater bittet, ihn nicht zu verlassen, in dem Bewusstsein, dass er nicht in der Lage ist, ein Kreuz wie dieses allein zu tragen.
In der darauffolgenden Woche gab es täglich Nachrichten und Neuigkeiten aus Perugia. Sie waren beruhigend, wenn meine Mutter sprach, und hart und realistisch, wenn mein Bruder am Telefon dran war, der in seinem persönlichen Kummer wahrscheinlich ein Ventil suchte, um diese Last loszuwerden. Ich, 2000 Kilometer entfernt, blieb bei meiner einzigen Waffe, dem Gebet, und in diesen Augenblicken der Verwirrung erschienen mir ganz bestimmte Gesichter von Freunden, deren tiefe und aufrichtige Anteilnahme und Antwort auf meine konkrete Bitte um Hilfe ich spürte: „Betet für mich und meine Familie, wir erleben gerade eine Prüfung“. Das war meine Rettung. In der tiefen Überzeugung, dass das Gebet wirkt, habe ich mich von meinen Freunden so begleitet und unterstützt gefühlt, wie ich es noch nie erlebt habe. Gerade in den schwersten Augenblicken meines Alltags, in der Sorge, dass mich die Angst überwältigen würde, kam pünktlich eine Nachricht oder ein Anruf, um mir zu sagen: Wir sind bei dir, auf geht‘s!
Hoffe und bleibe im Glauben verankert! Das kann nur die Vorsehung gewesen sein. Das Erstaunlichste für mich war die Tatsache, dass ich zwar nicht von allen Menschen, vor allem nicht von denen, mit denen ich täglich Kontakt hatte, das bekam, was ich mir wünschte oder erwartete. Aber die Vorsehung ließ es mir wirklich an nichts fehlen. Dabei kam die Unterstützung, das Gebet und die Nähe gerade auch von Freunden, mit denen ich nicht gerechnet hatte: von meinem muslimischen Kollegen Payam, der mich umarmt und „Gott ist groß“ sagte, bis zu Thomas, damals ein kurz zuvor in Bremen eingetroffener Erasmus-Student, der mir schrieb: „Ich werde in meinem täglichen Rosenkranz an dich und deine Mutter denken“.
Ich bin allen meinen Freunden in der Hamburger Gemeinschaft zutiefst dankbar für die Nähe, die sie mir in dieser schweren Zeit entgegengebracht haben.
Jetzt, fast neun Monate später, nach harten Therapien und einem nicht wirklich geradlinigen Weg, hat sich der Tumor meiner Mutter wie durch ein Wunder fast vollständig zurückgebildet. Es hat sich viel verändert in meiner Lebenseinstellung, in meinen Beziehungen zu meiner Familie und in meiner Beziehung zur Gnade – alles Aspekte, die noch viel mehr Worte verdienen. Wunder über Wundern. Aber angesichts dieser Gnade, die mir zuteil wurde, gibt es gleichzeitig ein tiefes Gefühl des Staunens, fast einen Schwindel, ähnlich wie zu Beginn der Krankheit. Das bestätigt mir, dass die Wirklichkeit nicht von Menschen gemacht ist, sondern von einem Anderen kommt. Und Gott hat mir durch seine Vorsehung eine Gewissheit geschenkt und zwar in den Personen meiner Freunde und Bekannten, die mich jeden Tag wiederholen lässt: „Danke Gott, denn was auch immer geschieht, du bist immer da!“