„Es ist paradox: Unsere Freiheit ist Abhängigkeit von Gott“
Vom 4. bis 10. August fand die Familien-Freizeit von CL in Marilleva (Trient) statt, an der 415 Freunde aus ganz Deutschland teilnahmen. Es war eine Gelegenheit, die Schönheit unseres Glaubens und das Geschenk der Freundschaft neu zu entdecken.Die Redaktion bekam folgenden Brief von einem Teilnehmer der Familien-Freizeit
Es ist nicht einfach einen Ausgangpunkt zu finden. Ich würde mit dem erstaunten Gesichtsausdruck der Freunde anfangen, die zum ersten Mal an unseren Ferien teilnahmen. In ihren Blicken spiegelte sich Verwunderung und Dankbarkeit, aber auch ein Staunen, dass so viele Menschen gemeinsam unterwegs waren. Eine neue Freundin wies mich darauf hin. Sie sagte, dass auch sie sich solche echten Beziehungen wünsche. Dabei sind die auch für sie offen. Denn es ist eigentlich völlig klar, dass nicht wir es sind, die diese hervorbringen – wir müssen sie nur annehmen.
Die Wanderungen in den Bergen, die Spiele, die Sketche, die gemeinsamen Mahlzeiten und alle anderen Gesten waren Momente echter Geschwisterlichkeit. Ich denke dabei an die einfache Tatsache, dass dort ein Kind „jedermanns Kind“ war, weil es normal ist, sich gegenseitig zu helfen und auch mal ein Kleinkind auf den Arm zu nehmen, um vielleicht eine Mutter zu entlasten, die man erst wenige Minuten zuvor kennengelernt hat. Oder dass Jung und Alt gemeinsam spielen und man in einer Mannschaft mit jemandem um den Sieg kämpft, den man gerade zum ersten Mal sieht.
Einer der Höhepunkte der Ferien war das Thema, das uns jeden Morgen vorgeschlagen wurde und das die gemeinsame Woche prägte. Es ging um die Freiheit, die Don Giussani so sehr am Herzen lag. Ausgehend von dem herausfordernden Gedanken, dass „Freiheit die Möglichkeit ist zu entscheiden, für wen oder was man lebt“, wurde uns einmal mehr deutlich, dass frei zu sein bedeutet, zu Christus zu gehören und zu erkennen, dass unser Leben einen unendlichen Wert hat, gerade weil es in seinen Händen liegt.
Diese Wahrheit brachten auch die beeindruckenden Zeugnisse zum Ausdruck. Don Romano, der 40 Jahre in Deutschland gelebt hat, berichtete uns von seinen Erfahrungen, von den Herausforderungen, denen er sich stellen musste, und von der Kraft, die er in der Gewissheit fand, dass Christus sich nicht irrt. Dieses Bewusstsein gab ihm die Gelassenheit, alles, was geschah, als Teil eines größeren Plans anzunehmen, auch wenn nicht alles immer klar oder einfach war. Das gilt nicht zuletzt für die Tatsache, dass er nun im Alter von über 60 Jahren zu einer neuen Mission aufbrechen muss. Das geschieht nicht ohne „Abschiedsschmerz“, aber frohen Herzens.
Bewegend war das Zeugnis von Thomas W., der uns berichtete, was es bedeutet, neun Kinder ohne Mutter aufzuziehen. Seine Frau war während der letzten Schwangerschaft an Krebs erkrankt und wenig später gestorben. Seine Worte haben uns alle tief berührt. Denn sie zeigten uns, dass man in der Freundschaft mit Christus die Kraft finden kann, einen so schmerzhaften Verlust zu bewältigen und mit Hoffnung und Gewissheit weiterzuleben. Auch durch das Glaubenszeugnis seiner Frau, die ihm kurz vor ihrem Tod sagte: „Gott macht keine Fehler“, und auch er könne in einer menschlich gesehen hoffnungslosen Situation auf Christus vertrauen. Er zeigte uns auf, dass wahre Freiheit darin besteht, sich Gott vollkommen anzuvertrauen und zu erkennen, dass unsere Existenz nur dann einen Sinn hat, wenn wir in Gemeinschaft mit ihm leben.
Es war eine intensive, erfüllte und schöne Woche, in der jede kleine Unvollkommenheit, jedes unerwartete Ereignis als Teil eines größeren Plans angenommen wurde, der uns dazu führte, die wahre Freiheit zu entdecken: die Freiheit, zu Christus zu gehören und uns von seiner Liebe leiten zu lassen.
In den Tagen danach erhielt ich ständig Nachrichten von alten und neuen Freunden, die mir sagten, ihre Augen und Herzen seien ganz erfüllt von der Schönheit dieser Tage. Und das ist auch für mich ein Segen. Denn ich bin mir zwar gewiss, was ich gesehen habe und was mir begegnet ist. Aber wenn ein Freund mit mir über das spricht, was ich bereits gesehen habe, und es mich so wiederentdecken lässt, dann bedeutet das, dass wir gemeinsam auf dem richtigen Weg sind. Vor Jahren wäre ich am Ende solcher Ferien, nach einer so intensiven und schönen Erfahrung, in Melancholie verfallen. Diesmal ist es nicht so. Jetzt bin ich mir sicher, dass uns nichts fehlt, um all das intensiv zu leben, was uns geschenkt wird. Auch wenn wir wieder zu Hause sind, wenn unsere Freunde nicht mehr im Zimmer nebenan sind, wir haben alles, was wir brauchen, um gewiss und deshalb glücklich zu sein. Eine Freundin sagte mir neulich: „Angesichts deiner Gewissheit habe ich Hoffnung geschöpft. Denn wenn ich sehe, wie du dir immer sicherer wirst, kann ich auch nicht anders.“ Schön, nicht wahr? Das göttliche Geheimnis wirkt durch uns. Und auch wenn wir selbst oft nur unsere Armseligkeit sehen, so kann sich doch jemand anderer durch uns in Christus verlieben. So ist es ein bisschen auch mir ergangen, als ich die Freunde in Aktion sah. Auch ich habe mich wieder einmal mehr in Christus verliebt.
Luca Renna, Köln