„Wir müssen unseren Schmerz und unseren Wunsch nach Frieden vor Gott tragen“
Ein Jahr nach dem Beginn der Kriegshandlungen im Nahen Osten lädt der Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, die Welt erneut zu einem Tag des Gebets, des Fastens und der Buße ein.Jerusalem, 26. September 2024
An die Diözese des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem
Liebe Schwestern und Brüder,
möge der Herr euch Frieden schenken!
Der Oktober steht vor der Tür und mit ihm das Bewusstsein, dass das Heilige Land – und nicht nur dieses – seit einem Jahr in einen Strudel von Gewalt und Hass geraten ist, wie wir ihn noch nie gesehen haben. In den vergangenen zwölf Monaten haben wir Tragödien erlebt, die in ihrer Intensität und ihren Auswirkungen unser Gewissen und unser Gefühl für Menschlichkeit zutiefst erschüttert haben.
Die Gewalt, die Tausende von unschuldigen Opfern gefordert hat und noch immer fordert, hat auch Eingang in die Sprache und das politische und gesellschaftliche Handeln gefunden. Sie hat unser Gefühl einer gemeinsamen Zugehörigkeit zum Heiligen Land zutiefst erschüttert und damit unser Bewusstsein, Teil eines Planes der Vorsehung zu sein. Diese wollte, dass wir hier gemeinsam ihr Reich des Friedens und der Gerechtigkeit aufbauen, und nicht zu einem Sammelbecken des Hasses und der Verachtung, der gegenseitigen Ablehnung und Vernichtung werden.
In den vergangenen Monaten haben wir uns bereits klar zu den Geschehnissen geäußert und wiederholt unsere Verurteilung dieses sinnlosen Krieges und seiner Auslöser bekräftigt. Wir haben alle aufgerufen, diesem Abgleiten in die Gewalt Einhalt zu gebieten und den Mut aufzubringen, andere Wege zur Lösung des derzeitigen Konflikts zu finden, die den Forderungen nach Gerechtigkeit, Menschenwürde und Sicherheit für alle Rechnung tragen.
Wir können die Machthaber und diejenigen, die die schwere Verantwortung für Entscheidungen in diesem Zusammenhang tragen, nur noch einmal auffordern, sich der Gerechtigkeit zu verpflichten und das Recht aller Menschen auf Freiheit, Würde und Frieden zu respektieren.
Doch auch wir haben die Pflicht, uns für den Frieden einzusetzen, indem wir vor allem unsere eigenen Herzen von allen Gefühlen des Hasses freihalten und uns nach dem Guten für jeden einzelnen sehnen. Außerdem müssen wir uns, jeder in seinem Umfeld und im Rahmen seiner Möglichkeiten, bemühen, den Bedürftigen zu helfen. Wir müssen diejenigen unterstützen, die sich für die Linderung des Leids der von diesem Krieg Betroffenen einsetzen, und jeden Einsatz für Frieden, Versöhnung und Begegnung fördern.
Aber wir müssen auch beten und unseren Schmerz und unseren Wunsch nach Frieden vor Gott tragen. Wir müssen umkehren, Buße tun und um Vergebung bitten.
Deshalb lade ich euch alle zu einem Tag des Gebets, des Fastens und der Buße am 7. Oktober ein, jenem Datum, das zum Symbol für das Drama geworden ist, das wir gerade erleben. Der Oktober ist auch der Marienmonat, und am 7. Oktober feiern wir den Gedenktag Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz.
Jeder von uns möge einen Moment innehalten und beten, den Rosenkranz oder in welcher Form auch immer, persönlich, aber noch besser in Gemeinschaft, und dem „Vater des Erbarmens und dem Gott allen Trostes“ (vgl. 2 Kor 1,3) unseren Wunsch nach Frieden und Versöhnung vortragen.
Unten findet ihr einen Gebetsvorschlag, den ihr gerne verwenden könnt. Flehen wir um die Fürsprache Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz für dieses geliebte Land und seine Bewohner.
Mit den besten Wünschen,
†Pierbattista Kard. Pizzaballa
Lateinischer Patriarch von Jerusalem
Lateinischer Patriarch von Jerusalem
Gebet um den Frieden
Herr, unser Gott,
Vater unseres Herrn Jesus Christus
und Vater der ganzen Menschheit,
der du im Kreuz deines Sohnes
und um den hohen Preis der Hingabe seines Lebens
die Mauer der Feindschaft und des Hasses niederreißen wolltest,
die die Völker trennt und uns zu Feinden macht:
Sende den Heiligen Geist in unsere Herzen,
dass er uns reinige
von jedem Gefühl der Gewalt, des Hasses und der Rache.
Erleuchte uns,
damit wir die unantastbare Würde jedes Menschen erkennen,
und entflamme uns,
damit wir uns verzehren
für eine friedliche und versöhnte Welt,
in der Wahrheit und Gerechtigkeit,
Liebe und Freiheit herrschen.
Allmächtiger, ewiger Gott,
in deinen Händen liegen die Hoffnungen der Menschen
und die Rechte jedes Volkes:
Steh mit deiner Weisheit denen bei,
die uns regieren,
auf dass sie mit deiner Hilfe
hellhörig werden für die Leiden der Armen
und derer, die unter den Folgen von Gewalt und Krieg leiden.
Bewirke,
dass sie in unserer Region und überall auf der Erde
zu Förderern des Gemeinwohls und eines dauerhaften Friedens werden.
Jungfrau Maria, Mutter der Hoffnung,
erwirke die Gabe des Friedens
für das Heilige Land, wo du zur Welt gekommen bist,
und für die ganze Welt. Amen.