Krysia mit einigen Freunden aus Polen, Deutschland und Italien, darunter Weihbischof Maciej Małyga und Pater Józef Adamowicz

Krysia. „Meine Liebe ist Christus“

Am 3. Oktober ist Krystyna Borowczyk, polnische Memor Domini, langjährige Übersetzerin und Dolmetscherin, gestorben. Während ihrer Krankheit hat sie alles für die Einheit der Bewegung hingegeben. Das Zeugnis eines Freundes
Miłosz Greszta

Letzten August bekam ich einen Anruf aus Italien. Am anderen Ende der Leitung war eine Freundin aus der Bewegung, die Dolmetscherin für Italienisch Krystyna Borowczyk. Ihre Stimme klang besorgt. Ich wusste, dass sie schwer krank war und sich zur Behandlung in Mailand aufhielt. Der Tumor war blitzartig aufgetreten. Die Diagnose kam kurz vor den Exerzitien der Memores Domini, an denen Krystyna Ende Juli teilnehmen sollte. Weil man ihr in Mailand wenig Hoffnung gemacht hatte, entschied sie sich, nach Breslau in Polen zu kommen, um die Behandlung fortzusetzen. In dieser Stadt hatte sie niemanden außer uns Freunden aus der Bewegung Comunione e Liberazione, weil sie eigentlich aus Świdnica stammte. Sie brauchte Hilfe.

Am 24. August kam sie also in Breslau an, begleitet von zwei Freundinnen der Memores aus Mailand, Letizia und Olivia. Am Flughafen wurden sie von Dagmara, einer Freundin der Bewegung, empfangen, die sie zum Hotel brachte und von da an immer für sie da war. Am folgenden Montag brachte ich Krystyna zu einer onkologischen Untersuchung, die von Leszek und Freunden aus Świdnica organisiert worden war. Während der Untersuchung hat der Arzt eine weitere CT-Untersuchung verschrieben und gleichzeitig Hoffnung gemacht: Vielleicht wäre es möglich, mit einer Chemotherapie zu beginnen. So begann das Warten.

Wir hatten alle begonnen, eine geeignete Unterkunft für Krystyna zu suchen, und dank des Engagements unseres Freundes Weihbischof Maciej Malyga haben wir in kurzer Zeit eine gefunden. Die italienischen Freundinnen machten eine Liste mit den notwendigen Dingen und begannen gemeinsam mit uns, die Wohnung einzurichten. Von Anfang an entstand zwischen uns eine tiefe Freundschaft, und jeden Tag empfing Weihbischof Maciej Krystyna und ihre Freundinnen von den Memores zur täglichen Messe. In der Zwischenzeit fuhren Dagmara, ich und einige andere polnische Freunde nach La Thuile, um an der internationalen Versammlung der Verantwortlichen der Bewegung teilzunehmen. In diesen Tagen schrieb uns Krystyna:

„Viele von euch sagen mir, dass sie für das Wunder der Heilung beten, und ich danke euch von ganzem Herzen. Aber ich möchte euch sagen, dass alles, was mir widerfahren ist und widerfährt, ein großes WUNDER ist, das sich aus vielen kleinen Wundern zusammensetzt, die sich jeden Tag ereignen. Das größte Wunder für mich ist das WUNDER DER FREUNDSCHAFT UND DER EINHEIT, das sich gezeigt hat und sich weiterhin zeigt und das mich und meine Freundinnen – hier und in Italien – mit Rührung und Dankbarkeit für alles erfüllt, was der Herr unter uns wirkt. Liebe Freunde, lasst uns in der Freundschaft vereint bleiben, die wir brauchen, die aber auch andere brauchen, damit die Welt sehen und glauben kann, dass nur Jesus Christus der Herr von allem ist und dass nur er solche Wunder unter uns vollbringen kann. Möge Jesus immer in unseren Herzen, in unseren Familien und in unseren Gemeinschaften leben! Ich bin dem Herrn und euch allen immer dankbar.

Krysia mit Wiesia, Radek und Gabriel, drei Freunden aus Breslau.

In der Zwischenzeit zog sich das Warten auf die CT-Untersuchung hin und ihr Zustand verschlechterte sich. Am 4. September bekam sie endlich einen Termin im Krankenhaus, aber ihr Zustand verschlechterte sich drastisch, sodass sie in die Notaufnahme gebracht werden musste. Während wir uns alle um ihre Gesundheit sorgten, überraschte Krystyna uns immer wieder. Nach diesem langen Tag im Krankenhaus schrieb sie uns:

„Schwach und voller Schmerzen gingen meine Freundinnen und ich in die Notaufnahme, wo wir fast zwölf Stunden verbrachten. Die ersten sechs Stunden schienen sinnlos: Warten, Warten ... Aber beim Herrn ist nichts verloren, denn es hängt immer von uns ab, was wir mit der uns anvertrauten Zeit machen. Auch wenn es mir schwerfiel, mich auf lange Gebete zu konzentrieren, spürte ich, dass meine Anwesenheit dort nicht sinnlos war. Es geht nicht darum, viele Worte zu sprechen: Manchmal reicht eine Liebesgeste, ein Stoßgebet – Jesus, ich vertraue auf Dich; ich bringe Dir dies oder jenes – und schon ändert sich alles. (...) Wieder ist so viel passiert: professionelle und engagierte medizinische Hilfe, die vertrauensvolle und unbezahlbare Anwesenheit meiner Freundinnen aus dem Haus (unschätzbar!), die Hilfe meiner Freunde aus Breslau, die Unterstützung im Gebet von euch allen – eine weitere Sammlung jener kleinen Wunder, mit denen der Herr mein Leben erfüllt... und auch eures. Deshalb beginne ich einen neuen Tag mit neuer Hoffnung, mit neuer Kraft, mit dem Willen, mich mutig neuen Herausforderungen zu stellen, mit einer festen Überzeugung: Wenn Gott mit uns ist, wer kann dann gegen uns sein?! Also, Kopf hoch! Mein Herz ist bis zum Rand gefüllt mit Dankbarkeit gegenüber jedem von euch für alles Gute, das ich bekommen habe. Einen schönen Tag!“

„Ich beginne jeden neuen Tag mit neuer Hoffnung, mit neuer Kraft, mit dem Willen, mich mutig neuen Herausforderungen zu stellen, mit einer festen Überzeugung: Wenn Gott mit uns ist, wer kann dann gegen uns sein?“

Als wir Krystyna in ihrer Krankheit begleiteten, haben wir verstanden, dass ihr „Ja” zu Gottes Plan für ihr Leben der entscheidende Moment dieser ganzen Geschichte, dieses Ereignisses war. Ihre vertrauensvolle Art, alles anzunehmen, was ihr widerfuhr, war jedoch nicht passiv. Bis zum Ende, solange sie noch telefonieren konnte, sprach sie mit Freunden und Familienangehörigen und nahm jeden Hinweis der Ärzte demütig an. Was uns aber am meisten beeindruckte, war ihre Freiheit vom Ergebnis all dieser Bemühungen, denn von Beginn ihrer Krankheit an hatte sie bereits alles Christus hingegeben – auch das Leiden.

„Ich beginne jeden neuen Tag mit neuer Hoffnung, mit neuer Kraft, mit dem Willen, mich mutig neuen Herausforderungen zu stellen, mit einer festen Überzeugung: Wenn Gott mit uns ist, wer kann dann gegen uns sein?“

Ausgemergelt, im Bett ihres Zimmers mit Blick auf die Türme der Kathedrale von Breslau liegend, oft mit einem Lächeln, manchmal mit einem Ausdruck des Schmerzes, war Krystyna für uns das leidende Antlitz Christi. Deshalb war es auf geheimnisvolle Weise anziehend, bei ihr zu sein. Neben diesem Bett lebten wir vereint und teilten auch die kleinsten Dinge mit den Freundinnen der Memores.
Irgendwann haben wir gemerkt, dass wir wie eine Einheit gelebt haben: Jeden Tag haben wir gemeinsam die wichtigsten Entscheidungen über Krystynas Gesundheit getroffen, aber bis zum Schluss hatte sie immer das letzte Wort. Kurz vor ihrem Tod, nachdem wir neben ihrem Bett den Angelus gebetet hatten, sagte sie lächelnd: „Die Tür zum Himmel ist groß und schwer... ich muss noch ein bisschen drücken!“

Krsia mit Milosz

Sie war schon sehr schwach, also gab sie mir ihr Handy und bat mich, ihre Freunde und Familie ab und zu über ihren Gesundheitszustand zu informieren. Am Tag ihrer Verlegung ins Hospiz in Świdnica beteten wir morgens zusammen und sangen „Ma non avere paura“ [Hab keine Angst] und „Noi non sappiamo chi era“ [Wir wissen nicht, wer er war]. Auch wenn sie wenig und sehr leise sprach, betete sie und versuchte, mit uns zu singen. Dann suchte sie das Kreuz auf ihrer Brust und sagte auf Italienisch: „Meine Liebe ist Christus“.

Wir alle aus der Gemeinschaft in Breslau danken dem Herrn für die Gnade, Krystyna und ihren Freundinnen von den Memores in dieser Zeit dienen zu dürfen. Seit Beginn ihrer Krankheit hat sie ihre Leiden für den Weltfrieden und für die Einheit in der Bewegung und unter den Memores Domini aufgeopfert.

Wir in Breslau und Świdnica, aber auch in ganz Polen und Italien haben gesehen, dass Krystynas Gebet für die Einheit wirklich in Erfüllung gegangen ist: in unseren lokalen Gemeinschaften, bei den Memores und unter uns. Keiner von uns kann mehr sagen, dass es nicht passiert ist! Und weil das, was passiert ist, so attraktiv und so echt war, wünschen wir uns, dass es auch jetzt und in Zukunft weitergeht. Deshalb nehmen wir ihre Einladung zur Einheit als Geschenk und gleichzeitig als Aufgabe für jeden einzelnen an.

Die ganze Zeit, die wir mit Krystyna verbracht haben, war ein Segen. Wir haben nicht um Krysia geweint. Wir haben geweint, weil wir die Gnade, die Barmherzigkeit einer Liebe erfahren haben, die uns einmal mehr gezeigt hat, dass Christus in seinem Leib, in der lebendigen Kirche, in der Freundschaft der Jünger, die ihm nachfolgen, gegenwärtig ist.