Marjayoun 10.4.2013. AVSI besucht ein Flüchtlingslager in Syrien

WEIHNACHTSSTÄNDE 2015: ZU WEGGEFÄHRTEN WERDEN

AVSI und Support International e.V. widmen ihre vorweihnachtliche Benefizaktion dieses Jahr Hilfsprojekten für Flüchtlinge in Syrien, Irak und Südsudan, sowie in Jordanien und im Libanon.

Außerdem sollen die Spenden Initiativen zugute kommen, die sich um die Aufnahme von Asylsuchenden in Italien kümmern. „Die Flüchtlingskrise ist eine Herausforderung von epochalen Ausmaß und enormer Komplexität, die wir nur gemeinsam bewältigen können.“

Dieses Jahr widmet AVSI seine traditionelle Benefizaktion „Weihnachtsstände“ ganz den Herausforderungen durch die Flüchtlingskrise, die uns alle betrifft. Menschen, die durch Krieg, Hunger und Verfolgung gezwungen werden, ihre Heimat zu verlassen, klopfen an die Türen eines verschlafenen Europa. Und Europa schwankt zwischen der Sicherung seiner Grenzen mit Stacheldrahtzäunen und „Willkommenskultur“, zwischen Mitgefühl angesichts der Fotos von Kinderleichen am Strand und Zynismus à la „Wir schicken sie alle nach Hause“.

Aber es gibt auch viele Menschen, die sich von dem Aufruf des Papstes, Flüchtlingen Gastfreundschaft zu erweisen, haben aufrütteln lassen. „Angesichts der Tragödie Zehntausender von Flüchtlingen, die vor dem Tod durch Krieg und Hunger fliehen und zu einem hoffnungsvolleren Leben aufgebrochen sind“, sagte Franziskus beim Angelus am 6. September 2015, „ruft uns das Evangelium auf, ja es verlangt geradezu von uns, ‚Nächste‘ der Geringsten und Verlassenen zu sein. Ihnen eine konkrete Hoffnung zu geben. Nicht nur zu sagen: ‚Nur Mut, habt Geduld…!‘“ Und er fügte etwas provokant hinzu: „Die christliche Hoffnung ist kämpferisch, mit der Beharrlichkeit dessen, der auf ein sicheres Ziel zugeht.“ 

Die diesjährige Benefizaktion von AVSI und Support International e.V. folgt diesem Aufruf. Sie will konkrete Hilfsprojekte fördern und Menschen unterstützen, die Flüchtlingen zu  „Weggefährten“ werden. Unter dem Motto „Für ein neues Zuhause im eigenen Land“ liegt der Fokus in diesem Jahr besonders auf Projekten in den Herkunftsländern der Flüchtlinge (insbesondere Syrien, Irak und Südsudan), damit die Menschen in ihrem Land oder zumindest in der Nähe ihrer Heimat bleiben können. Dazu werden auch Projekte in Flüchtlingslagern in Jordanien und im Libanon gefördert. Außerdem Projekte in Italien, besonders in Mailand, wo viele derjenigen, die die gefährliche Flucht über das Mittelmeer geschafft haben, zumindest vorübergehend „landen“.

In Syrien konzentriert sich die Unterstützung auf Aleppo, auf die Pfarrei von Pater Ibrahim Alsabagh, der beim Meeting in Rimini die Zuhörer mit seinem Zeugnis so bewegt hat. Seine Kirche ist nur etwa 50 Meter von den Gefechtslinien entfernt und wurde erst Ende Oktober während der Sonntagsabendmesse getroffen. Das Hilfsprojekt wird gemeinsam mit dem Verein Pro Terra Sancta durchgeführt. Es stellt vor allem Hilfsgüter zur Verfügung, die Pater Ibrahim und seine Mitbrüder an die noch verbliebenen Menschen in ihrer Nachbarschaft verteilen können. Im Irak unterstützen AVSI und Support International besonders die Menschen, die nach den Übergriffen des IS in der kurdischen Stadt Erbil Zuflucht gefunden haben. Konkret kommen die Gelder der Saint Joseph Charity Clinic zugute, wo chronisch oder akut Erkrankte mit Arzneimitteln versorgt werden, und dem Kindergarten im Stadtteil Ozal City. Im Südsudan wird eine Initiative unterstützt, die die Menschen anleiten will, selber Nahrungsmittel anzubauen und weiterzuverarbeiten, um die dort herrschende Unterernährung zu bekämpfen.

Aleppo

In Mailand gehen die Spenden nicht an eigene Projekte, sondern an zwei Initiativen, die Caritas Ambrosiana und die Fondazione Progetto Arca ins Leben gerufen haben. Letztere hat am Hauptbahnhof in Mailand ein Zentrum für ankommende Flüchtlinge eingerichtet, in dem es Sanitäranlagen, einfache medizinische Versorgung, ein Baby-Zimmer und einen Bereich und W-Lan  gibt, wo man sich ausruhen kann. Seit 2013 sind hier bereits über 70.000 Menschen versorgt worden. Das Projekt der Caritas Ambrosiana koordiniert die Aufnahme von Asylsuchenden in Pfarrgemeinden und religiösen Institutionen und vermittelt auch Praktika und Arbeitsstellen.

Aus Dankbarkeit.
Darüberhinaus hat AVSI ein weiteres wichtiges Projekt angestoßen: ein Netzwerk für die zahlreichen Menschen, die Flüchtlingen helfen wollen. Dort können sie Informationen erhalten, ihre Zeit und Dienste zur Verfügung stellen oder Dinge wie Kleidung, Medikamente, Spielzeug und auch Geld spenden. „AVSI ist sich bewusst“, unterstreicht Giampaolo Silvestri, der Generalsekretär der Stiftung, „dass das aktuelle Phänomen der Migration eine Herausforderung von epochalen Ausmaß und enormer Komplexität ist. Es fordert von uns, bekanntes Terrain zu verlassen, und kann sicher nicht von einzelnen bewältigt werden. Es wäre verheerend, wenn wir meinen, unsere guten Absichten oder unser großzügiges Engagement würden genügen.“ Deshalb versucht AVSI, die verschiedenen Akteure zu vernetzen. Dazu gehören neben den bereits erwähnten auch die Compagnie delle Opere [ein Netzwerk von Unternehmen und gemeinnützigen Einrichtungen] , der Banco Alimentare [ein Verein, der ungefähr den deutschen Tafeln entspricht], die Banchi di Solidarietà [ein gemeinnütziger Arbeits-Vermittler], Famiglie per l’Accoglienza [ein Netzwerk von Familien, die längerfristig Gäste beherbergen] und viele andere, die sich nach und nach anschließen.

Das ist auch ein Ausdruck der Demut und zeigt, dass man die anderen nicht als Konkurrenten betrachtet, sondern als Bereicherung. Denn die Motivation dieser „Akteure“ ist nicht, ein Projekt durchzuziehen, sondern große Dankbarkeit. „Dieser historische Augenblick und der Aufruf des Papstes und der Kirche nehmen uns in die Verantwortung. Wir wollen uns dem stellen“, sagt Silvestri. „Der Grund dafür ist ganz einfach: Dankbarkeit dafür, dass wir den Glauben haben, und für all das Gute, was uns im Leben zuteil geworden ist.“