Die Fraternität von Comunione e Liberazione

Die Fraternität von CL gibt es seit mehr als 35 Jahren. 1982 wurde sie vom Heiligen Stuhl anerkannt.
Luigi Giussani

Das Ziel der Faternität ist es, sich gegenseitig dabei zu unterstützen, „im Glauben zu wachsen und zu reifen“. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg sind die jährlichen Exerzitien. In Italien werden nun die Vorträge, die Don Giussani dort über die Jahre gehalten hat, in Buchform publiziert.
„Eine Hilfe für unser Herz, damit sich unser Leben im Angesicht Christi vollzieht.“ So beschrieb Don Giussani 1982 den entscheidenden Auftrag der Fraternität von Comunione e Liberazione. Es war das Jahr der päpstlichen Anerkennung und der ersten Exerzitien in Rimini, mit damals 1.800 Teilnehmern. Heute werden die Exerzitien per Satellit in alle Welt übertragen und es nehmen mehr als 20.000 Menschen teil.

In Italien erscheint jetzt eine neue Buch-Reihe, die die Vorträge von Don Giussani bei diesen Exerzitien einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen soll. Wir veröffentlichen hier (in eigener Übersetzung) einen Abschnitt aus dem ersten Band, Una strana compagnia (1982-1984) , der deutlich macht, aus welchem Wunsch heraus die Fraternität entstand und was ihr Ziel ist.

DER GRUND IST CHRISTUS
Gestern Abend konnte ich bei einer Versammlung in Mailand sehen, wie die Bewegung Comunione e Liberazione in den vergangenen Jahren, ungefähr seit 15 Jahren hier, in all den Jahren des gemeinsamen Weges auf die Werte baute, die Christus uns gebracht hat. So hatten alle unsere Aktivitäten, in gemeinschaftlicher, operativer, caritativer, kultureller, sozialer und politischer Hinsicht, das Ziel, uns selber und die Dinge nach den Idealen und Werten zu gestalten, die Christus uns gebracht hat. Doch am Anfang der Bewegung war das nicht so. Wie ich gestern andeutete, haben wir am Anfang der Bewegung, in den ersten Jahren, nicht auf die Werte gebaut, die Christus uns gebracht hat, sondern auf Christus selbst. Vielleicht war das naiv, aber das Herzensthema, der überzeugende Beweggrund war das Faktum Christi und damit das Faktum Seines Leibes in der Welt, der Kirche.

Don Luigi Giussani

Am Anfang bauten wir, zumindest versuchsweise, auf etwas, das sich ereignete. Nicht auf Werte, die uns übermittelt wurden und damit unvermeidlich auf unsere Interpretation dieser Werte. Wir versuchten, auf etwas zu bauen, was geschah und uns ergriffen hatte. So naiv und unverhältnismäßig das auch gewesen sein mag, es war eine reine Haltung. Weil wir sie schließlich aufgaben und dafür eine Haltung einnahmen, die vor allem eine, ich würde fast sagen, „kulturelle Umsetzung“ war, statt der Begeisterung für eine Gegenwart. Deshalb kennen wir Christus nicht – kennen im biblischen Sinne des Wortes. Wir kennen das Geheimnis Gottes nicht, weil es uns nicht vertraut ist.

Christus ist der Grund unserer Existenz und das Motiv für unsere Kreativität. Nicht durch Vermittlung einer Interpretation, sondern unmittelbar. Es gibt keine andere Haltung, die man als christlich bezeichnen könnte. Alles andere – die Veränderungen im Leben und in der Kreativität – kommt später. Wir müssen Christus als den Grund unserer Existenz und den Beweggrund für unsere Kreativität wiederfinden. Das ist wie ein leidenschaftlicher Wunsch, das ursprüngliche, reine Leben unserer Bewegung wiederzufinden, das vielen unbekannt ist. Vielleicht ist es ihnen eher bekannt durch die christliche Tradition, die ihnen ihre Eltern mitgegeben haben, als durch ein einfaches Mitteilen unter uns. Durch diese Veränderung bei uns, verwechseln wir unsere Erfahrung so leicht mit einem aktivistischen, organisatorischen oder kulturellen Engagement, das oft auch ausgrenzend wirkt und autoritär bestimmt und geleitet wird.



Wir wollten mit der Fraternität zu einer Art des Engagements einladen, das in erster Linie eine Hilfe für das Herz eines jeden von uns sein soll, eine Hilfe, damit sich unser Leben im Angesicht Christi vollziehen kann. Und außerdem soll sie Menschen darin bestärken, das Werk der Bewegung mit immer größerer Reife im Glauben aufzubauen, also immer kreativer. Alle Mühe und alle Kraft, die viele von euch nicht selten mit großer Opferbereitschaft für den Dienst an der Bewegung einsetzen, alles, was sie hingeben, erleiden, muss unterstützt werden. Wir müssen euch unmittelbarer helfen, auf den Grund eures Herzens, an die Wurzel dessen zu gehen, wofür ihr euch einsetzt und abmüht. Deswegen haben wir beschlossen, jene, die das wollen, dazu aufzurufen, eine persönlichere Hilfe anzunehmen, die es ihnen erlaubt, genau dadurch eine freiere, reifere Präsenz im Leben der Bewegung zu bilden.

Die Fraternität hat also das Ziel, den Willen all derer zu wahren, zu lenken und zu unterstützen, die der Erfahrung der Bewegung auf den Grund gehen wollen

Jetzt möchte ich noch erläutern, was sich gestern Abend bei einem Gespräch im Exekutivrat der Fraternität herauskristallisiert hat. Dabei möchte ich ein paar Punkte herausarbeiten, wie die Fraternität auf Grundlage der Statuten, die die Kirche bestätigt hat, verfasst ist. Es ist ein Weg, den wir beginnen, auch im Sinne eines Bewusstwerdens, was es bedeutet und welche Schritte zu tun sind. Was man sich unter all dem vorstellen, denken soll und was sich dann verwirklichen soll, wird eine Gemeinschaft sein; der Weg wird es zeigen. Das ist ein Anfang. Also lassen wir uns nicht verwirren, auch wenn manches noch nicht klar ist, auch wenn die Beziehungen, vor allem zum Leben der Bewegung, noch manchen Sorgen machen, wenn vielleicht nicht alles ausreichend klar unterschieden ist oder zusammenpasst. Machen wir uns deswegen keine Sorgen. Schauen wir lieber, dass wir den zentralen Punkt unserer Initiativen, unseres Engagements erfassen. Und was der zentrale Punkt ist, habe ich vorhin gesagt: eine Hilfe für unser Herz, damit sich unser Leben im Angesicht Christi vollzieht. Was sich alles aus der Aufgabe ergibt, die die Fraternität sich stellt, wird mit der Zeit klar werden. [...]

Die Fraternität hat also das Ziel, den Willen all derer zu wahren, zu lenken und zu unterstützen, die der Erfahrung der Bewegung auf den Grund gehen wollen. Dazu braucht es nur eines: Menschen, die der Erfahrung der Bewegung auf den Grund gehen wollen, oder besser gesagt, die in der Erfahrung der Bewegung ihren Glauben und ihr Bewusstsein als Menschen und als Christen leben wollen.

(aus: L. Giussani, Una strana compagnia, hrsg. von Julián Carrón, BUR, Mailand 2017, S. 88-91)