Papst Franziskus beim Weltjugendtag in Panama

DER PAPST IN PANAMA: „Eine solche Umarmung würde sich jeder wünschen“

Die portugiesische Vatikan-Korrespondentin Aura Miguel hat Papst Franziskus zum Weltjugendtag nach Panama begleitet. Und dabei etwas Neues erlebt: „einen radikalen Vorschlag für die ganze Welt“.
Luca Fiore

Die Reise nach Panama war ihre 98. So oft hat Aura Miguel schon als Korrespondentin von Rádio Renascença, dem Sender der Katholischen Kirche Portugals, die Päpste Johannes Paul II., Benedikt XVI. und Franziskus auf ihren Apostolischen Reisen begleitet. Damit hält sie fast den Rekord. (Nur Valentina Alazraki vom mexikanischen Fernsehen und Phil Pullella von Reuters haben mehr „auf dem Buckel“.) Die 100. wird am 5. und 7. Mai 2019 nach Bulgarien und Mazedonien führen. Doch beim Weltjugendtag in Panama hat die portugiesische Journalistin etwas Neues erlebt, was sie wirklich begeistert: „Der Papst hat es geschafft, eine außergewöhnliche Beziehung zu den jungen Menschen aufzubauen. Er hat Worte aus ihrer Welt benutzt, die sie berührt haben.“ Nicht nur, dass er Maria als „Influencerin Gottes“ bezeichnete. Seine Sprache ging direkt ins Herz der Botschaft, und die war „ein radikaler Vorschlag“.

Was war der Ansatz von Papst Franziskus? Wovon ist er ausgegangen?
Er hat das Bild von Panama als das Land am Isthmus mit seinem Kanal als Metapher benutzt, als einen Schnittpunkt der Welten, eine Verbindung zwischen Ost und West, eine Brücke, nicht nur im geografischen Sinne, sondern auch zwischen den Völkern. Dann dehnte der Papst diese Metapher auf die Jugendlichen aus, die uns durch ihre Träume einen neuen Blick „des Respekts und des Mitgefühls für die anderen“ lehren könnten. Er sprach von „der Öffnung neuer Kanäle für Kommunikation und Verständnis, Solidarität, Kreativität und gegenseitige Hilfe [...]; menschengerechte Kanäle, die den Einsatz vorantreiben und die Anonymität und Abschottung aufbrechen im Hinblick auf eine neue Weise, die Geschichte zu gestalten“.

Einige Kommentatoren meinten da einen Hinweis auf die Mauer zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko sowie die Krise in Venezuela zu erkennen.
Ja, aber auf politischer Ebene war der Papst sehr vorsichtig. Abgesehen von dem Hinweis auf den Angelus vom Sonntag, bei dem er eine friedliche Lösung für Venezuela gefordert hatte, legte er den Schwerpunkt auf die existenzielle Dimension, auf das Leben jedes Einzelnen.

Aura Miguel mit Papst Franziskus

Franziskus hat sehr oft Oscar Romero zitiert, der vor kurzem heiliggesprochen wurde.
Ja, der war eine Art Schutzpatron dieser Reise. In seiner Ansprache an die Bischöfe Zentralamerikas hat er ihn zwölfmal erwähnt. Er sagte: „Sich auf die Figur von Romero zu berufen bedeutet, sich auf die Heiligkeit und den prophetischen Charakter zu berufen, der in der DNA eurer Teilkirchen lebt“. Mit Bezug auf Romeros Wahlspruch Sentire cum Ecclesia („Mit der Kirche fühlen“) hat er sehr schöne Überlegungen über die Kenosis vorgetragen, die Entäußerung Christi, von der der heilige Paulus spricht: „Er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich“ (Phil 2,7). Das war eine sehr dichte Ansprache.

Sie sagten, Sie seien besonders tief beeindruckt von der Sprache, in der zu den jungen Menschen gesprochen hat.
Ja, abgesehen davon, dass er Begriffe der neuen Technologien wie Influencer, Tutorial oder Cloud verwendet hat, war sie vor allem sehr einfach und tief zugleich. Als er zum Beispiel sagte: „Wisst ihr, was uns zusammenhält? Es ist die Gewissheit, dass wir zutiefst geliebt sind, und diese Liebe wollen und können wir nicht verschweigen. Sie bringt uns vielmehr dazu, auf die gleiche Weise zu antworten: mit Liebe. Es ist die Liebe Christi, die uns antreibt“. Eine Sprache, die auch manchmal radikal ist, wenn er zum Beispiel zu den Jugendlichen sagt: „Im Namen Jesu sage ich euch: [...] Habt keine Furcht zu lieben, fürchtet euch nicht vor dieser konkreten Liebe, dieser Liebe voll von Zärtlichkeit, dieser Liebe, die Dienst ist, dieser Liebe, die das Leben schenkt.“ Unglaublich.

„Wisst ihr, was uns zusammenhält? Es ist die Gewissheit, dass wir zutiefst geliebt sind, und diese Liebe wollen und können wir nicht verschweigen. Sie bringt uns vielmehr dazu, auf die gleiche Weise zu antworten: mit Liebe. Es ist die Liebe Christi, die uns antreibt“

Warum unglaublich?
Weil es so klar ist! Oder bei der Messe am Sonntag sagte Franziskus: „Jesus offenbart das Jetzt Gottes, der uns entgegenkommt, um auch uns aufzurufen, an seinem Jetzt teilzunehmen [...]. Es ist das Jetzt Gottes, das sich durch Jesus gegenwärtig macht. Es erhält ein Gesicht, wird zu Fleisch, zu barmherziger Liebe, die nicht auf ideale Situationen, auf vollkommene Situationen für ihre Offenbarung wartet. Sie braucht keine Ausreden zu ihrer Realisierung.“ Oder als er darüber sprach, wie konkret Gott ist: „Er wollte sich nicht wie ein Engel offenbaren oder auf spektakuläre Weise, sondern er wollte uns das Gesicht eines Bruders oder Freundes zeigen, konkret, vertraut. Gott ist wirklich, weil die Liebe wirklich ist, Gott ist konkret, weil auch die Liebe konkret ist.“ Franziskus ruft dazu auf, keine Angst vor der konkreten Liebe zu haben. Sehr schön!

Er kritisiert auch die übliche Rhetorik über junge Menschen: „Ihr seid nicht die Zukunft, ihr seid die Gegenwart“.
Natürlich, die Gegenwart. Denn Gott ruft jetzt, nicht in Zukunft. Der Papst spricht Worte von überwältigender Klarheit: „Dein Leben ist heute, heute kommst du ins Spiel, dein Spielraum ist heute. Wie gehst du damit um?“



So viel zu dem, was Franziskus gesagt hat. Gab es auch eine Geste, die Sie besonders berührt hat?
Der stärkste Moment war im Jugendgefängnis Las Garzas in Pacora, wo der Papst einigen jungen Leuten die Beichte abgenommen hat. Wie er Louis umarmt hat, den Häftling, der die Begrüßungsworte gesprochen hatte, war für mich die bewegendste Geste. Kurz zuvor hatte der junge Mann, dessen Gesicht in den Medien nicht gezeigt wurde, gesagt: „Es gibt keine Worte, um die Freiheit zu beschreiben, die ich in diesem Augenblick empfinde“. Freiheit. Dieses Wort hat er wirklich benutzt. Die väterliche Art, mit der Franziskus ihn ansah, ist eines der Bilder, die ich von dieser Reise mitnehme. Eine solche Umarmung würde sich schließlich jeder von uns wünschen. Ich auch. Denn jeder von uns ist, wie der Papst diesem jungen Mann sagte, „viel mehr als die Etiketten, die man ihm verpasst, und viel mehr als die Adjektive, die man uns anheften will, und viel mehr als das Urteil, das man über uns verhängt hat“.

Der nächste Weltjugendtag 2022 wird in Ihrer Heimat, in Lissabon stattfinden. Freuen Sie sich?
Die Nachricht war keine Überraschung. Aber es ist interessant, wie die Entscheidung begründet wurde: Portugal als ein Land, das eine Brücke schlagen kann zur anderen Seite des Atlantiks und nach Afrika, das eine Öffnung bewirken kann zu anderen portugiesisch-sprachigen Ländern von Brasilien bis Angola, von den Kapverden bis Osttimor, aber auch zu Guinea-Bissau und Mosambik. So lebt eine missionarische Berufung wieder auf, die eigentlich in unseren Genen liegt und die wir Portugiesen wieder in den Blick nehmen sollten.