Drei Päpste und die Sorge um das „gemeinsame Haus“
Johannes Paul II., Benedikt XVI. und Franziskus haben sich bei verschiedenen Gelegenheiten über Umweltschutz und den Umgang mit der Schöpfung geäußert. Im Zusammenhang mit der Amazonas-Synode haben wir uns einige dieser Texte noch einmal angesehen.Die folgenden Auszüge aus den Enzykliken und Ansprachen der Päpste, von Redemptor hominis bis Laudato sì, machen den Blick der Kirche auf den Klimawandel, die Ausbeutung natürlicher Ressourcen und die unterschiedlichen Entwicklungsmodelle deutlich. . Schließlich geht es nicht nur um die Natur, sondern auch um eine „Ökologie des Menschen“ und darum, dass er in Würde leben kann.
„Der Mensch von heute scheint immer wieder von dem bedroht zu sein, was er selbst produziert, das heißt vom Ergebnis der Arbeit seiner Hände und noch mehr vom Ergebnis der Arbeit seines Verstandes und seiner Willensentscheidung. […] Hieraus muss sich also die Frage ergeben: Wieso wendet sich diese Macht, die von Anfang an dem Menschen gegeben war, um damit die Erde zu beherrschen, gegen ihn selbst? […] Der Mensch scheint oft keine andere Bedeutung seiner natürlichen Umwelt wahrzunehmen, als allein jene, die den Zwecken eines unmittelbaren Gebrauchs und Verbrauchs dient. Dagegen war es der Wille des Schöpfers, dass der Mensch der Natur als ‚Herr‘ und besonnener und weiser ‚Hüter‘ und nicht als ‚Ausbeuter‘ und skrupelloser ‚Zerstörer‘ gegenübertritt.“ (Johannes Paul II., Enzyklika Redemptor hominis 15)
Lesen Sie hier die Enzyklika Redemptor Hominis von Papst Johannes Paul II. (1979)
„Der moralische Charakter der Entwicklung kann auch nicht von der Achtung vor den Geschöpfen absehen, welche die sichtbare Natur bilden, die die Griechen in Anspielung auf die Ordnung, von der sie geprägt ist, ‚Kosmos‘ nannten. […] Man kann nicht ungestraft von den verschiedenen lebenden oder leblosen Geschöpfen – Naturelemente, Pflanzen, Tiere – rein nach eigenem Gutdünken und entsprechend den eigenen wirtschaftlichen Erfordernissen Gebrauch machen. Im Gegenteil, man muss der Natur eines jeden Wesens und seiner Wechselbeziehung in einem geordneten System wie dem Kosmos Rechnung tragen.“ (Johannes Paul II., Enzyklika Sollicitudo Rei Socialis 34)
Lesen Sie hier die Enzyklika Sollicitudo Rei Socialis von Papst Johannes Paul II. (1987)
„In unseren Tagen bemerkt man ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass der Weltfriede außer durch den Rüstungswettlauf, die regionalen Konflikte und die noch immer bestehenden Ungerechtigkeiten zwischen den Völkern und Nationen auch durch den Mangel an der gebührenden Achtung gegenüber der Natur, durch die Ausbeutung ihrer Ressourcen und durch die fortschreitende Verschlechterung der Lebensqualität bedroht ist. […] Angesichts der verbreiteten Verschlechterung der Umwelt wird sich die Menschheit nunmehr dessen bewusst, dass sie nicht fortfahren kann, die Güter der Erde so zu gebrauchen, wie sie es in der Vergangenheit getan hat. Die öffentliche Meinung wie die verantwortlichen Politiker sind darüber in Sorge, Wissenschaftler der verschiedenen Fachbereiche erforschen die Ursachen. Es bildet sich so ein ökologisches Bewusstsein, das nicht unterdrückt werden darf, sondern vielmehr gefördert werden muss, so dass es sich weiterentwickelt und ausreift, indem es in konkreten Programmen und Initiativen einen angemessenen Ausdruck findet.“ (Johannes Paul II., Botschaft zum Weltfriedenstag 1990)
Lesen Sie hier die Botschaft von Papst Johannes Paul II. zum Weltfriedenstag 1990.
„Der unbesonnenen Zerstörung der natürlichen Umwelt liegt ein heute leider weitverbreiteter anthropologischer Irrtum zugrunde. Der Mensch, der seine Fähigkeit entdeckt, mit seiner Arbeit die Welt umzugestalten und in einem gewissen Sinne neu zu ‚schaffen‘, vergisst, dass sich das immer nur auf der Grundlage der ersten Ur-Schenkung der Dinge von seiten Gottes ereignet. Der Mensch meint, willkürlich über die Erde verfügen zu können, indem er sie ohne Vorbehalte seinem Willen unterwirft, als hätte sie nicht eine eigene Gestalt und eine ihr vorher von Gott verliehene Bestimmung, die der Mensch entfalten kann, aber nicht verraten darf. Statt seine Aufgabe als Mitarbeiter Gottes am Schöpfungswerk zu verwirklichen, setzt sich der Mensch an die Stelle Gottes und ruft dadurch schließlich die Auflehnung der Natur hervor, die von ihm mehr tyrannisiert als verwaltet wird. […] Es geht ja nicht bloß darum, vom Überfluss abzugeben, sondern ganzen Völkern den Zugang in den Kreis der wirtschaftlichen und menschlichen Entwicklung zu eröffnen, von dem sie ausgeschlossen oder ausgegrenzt sind. Dafür genügt es nicht, aus dem Überfluss zu geben, den unsere Welt reichlich produziert. Dazu müssen sich vor allem die Lebensweisen, die Modelle von Produktion und Konsum und die verfestigten Machtstrukturen ändern, die heute die Gesellschaften beherrschen.“ (Johannes Paul II., Centesimus Annus 37; 58)
Lesen Sie hier die Enzyklika Centesimus annus von Papst Johannes Paul II. (1991)
„Wie könnten wir unter den Hauptproblemen nicht an die Millionen von Menschen denken, besonders an die Frauen und Kinder, denen es an Wasser, Nahrung und Obdach fehlt? Der Skandal des Hungers, der sich weiter verschlimmert, ist inakzeptabel in einer Welt, die über Güter, Wissen und Mittel verfügt, um dem ein Ende zu setzen. Er treibt uns, unsere Lebensweisen zu ändern; er weist uns auf die Dringlichkeit hin, die strukturellen Ursachen der Fehlfunktionen der Weltwirtschaft zu beseitigen und die Wachstumsmodelle zu korrigieren, die allem Anschein nach ungeeignet dafür sind, den Respekt vor der Umwelt und eine ganzheitliche menschliche Entwicklung für heute und vor allem für die Zukunft zu garantieren.“ (Benedikt XVI., Ansprache an das beim Heiligen Stuhl akkreditierte diplomatische Korps beim Neujahrsempfang, 8. Januar 2007)
Lesen Sie hier die Ansprache von Papst Benedikt XVI. (2007)
„Das Thema Entwicklung ist heute stark an die Verpflichtungen gebunden, die aus der Beziehung des Menschen zur natürlichen Umwelt entstehen. Diese Beziehung wurde allen von Gott geschenkt. Der Umgang mit ihr stellt für uns eine Verantwortung gegenüber den Armen, den künftigen Generationen und der ganzen Menschheit dar. Wenn die Natur und allen voran der Mensch als Frucht des Zufalls oder des Evolutionsdeterminismus angesehen werden, wird das Verantwortungsbewusstsein in den Gewissen schwächer. […] Die Verhaltensmuster, nach denen der Mensch die Umwelt behandelt, beeinflussen die Verhaltensmuster, nach denen er sich selbst behandelt, und umgekehrt. Das fordert die heutige Gesellschaft dazu heraus, ernsthaft ihren Lebensstil zu überprüfen, der in vielen Teilen der Welt zum Hedonismus und Konsumismus neigt und gegenüber den daraus entstehenden Schäden gleichgültig bleibt“. (Benedikt XVI., Enzyklika Caritas in veritate 48; 51)
Lesen Sie hier die Enzyklika Caritas in veritate von Papst Benedikt XVI. (2009)
„Die Bedeutung der Ökologie ist inzwischen unbestritten. Wir müssen auf die Sprache der Natur hören und entsprechend antworten. Ich möchte aber nachdrücklich einen Punkt ansprechen, der nach wie vor – wie mir scheint – ausgeklammert wird: Es gibt auch eine Ökologie des Menschen. Auch der Mensch hat eine Natur, die er achten muss und die er nicht beliebig manipulieren kann. Der Mensch ist nicht nur sich selbst machende Freiheit. Der Mensch macht sich nicht selbst. Er ist Geist und Wille, aber er ist auch Natur, und sein Wille ist dann recht, wenn er auf die Natur achtet, sie hört und sich annimmt als der, der er ist und der sich nicht selbst gemacht hat. Gerade so und nur so vollzieht sich wahre menschliche Freiheit.“ (Benedikt XVI., Ansprache beim Besuch des Deutschen Bundestags, 22. September 2011)
Lesen Sie hier die Ansprache von Papst Benedikt vor dem Deutschen Bundestag (2011)
„Während die Einkommen einiger weniger exponentiell steigen, sind die der Mehrheit immer weiter entfernt vom Wohlstand dieser glücklichen Minderheit. Dieses Ungleichgewicht geht auf Ideologien zurück, die die absolute Autonomie der Märkte und die Finanzspekulation verteidigen. Darum bestreiten sie das Kontrollrecht der Staaten, die beauftragt sind, über den Schutz des Gemeinwohls zu wachen. Es entsteht eine neue, unsichtbare, manchmal virtuelle Tyrannei, die einseitig und unerbittlich ihre Gesetze und ihre Regeln aufzwingt. […] In diesem System, das dazu neigt, alles aufzusaugen, um den Nutzen zu steigern, ist alles Schwache wie die Umwelt wehrlos gegenüber den Interessen des vergötterten Marktes, die zur absoluten Regel werden. […] Das macht eine Evangelisierung nötig, welche die neuen Formen, mit Gott, mit den anderen und mit der Umgebung in Beziehung zu treten, erleuchtet und die grundlegenden Werte wachruft.“ (Franziskus, Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium 56; 74)
Lesen hier das Apostolische Schreiben Evangelii gaudium von Papst Franziskus (2013)
„Wenn ‚die äußeren Wüsten […] in der Welt [wachsen], weil die inneren Wüsten so groß geworden sind‘, ist die Umweltkrise ein Aufruf zu einer tiefgreifenden inneren Umkehr. [… Diese] beinhaltet, alles, was ihnen aus ihrer Begegnung mit Jesus Christus erwachsen ist, in ihren Beziehungen zu der Welt, die sie umgibt, zur Blüte zu bringen. Die Berufung, Beschützer des Werkes Gottes zu sein, praktisch umzusetzen, gehört wesentlich zu einem tugendhaften Leben; sie ist nicht etwas Fakultatives, noch ein sekundärer Aspekt der christlichen Erfahrung. […] Wir müssen uns bewusst werden, dass unsere eigene Würde auf dem Spiel steht. Wir sind die Ersten, die daran interessiert sind, der Menschheit, die nach uns kommen wird, einen bewohnbaren Planeten zu hinterlassen. Das ist ein Drama für uns selbst, denn dies beleuchtet kritisch den Sinn unseres eigenen Lebensweges auf dieser Erde.“ (Franziskus, Enzyklika Laudato si‘ 217; 160)
Lesen Sie hier die Enzyklika Laudato si’ von Papst Franziskus (2015)