„Du hast ihn als Herrscher eingesetzt über die Werke deiner Hände“

Zusammenkunft von jungen Erwachsenen von CL Ende März in Assisi. Hier die Lektion von Pater Paolo Prosperi zum Thema 'Arbeit'
Paolo Prosperi

Jedes Jahr in der Fastenzeit lädt uns die Kirche ein, unseren Blick auf die große Erzählung des Exodus zu richten des Auszugs Israels aus der Sklaverei in Ägypten in das gelobte Land, das Land der Freiheit, das nicht Amerika ist – von dem in dem Lied, das ich euch nicht ohne Grund hören lassen wollte, die Rede ist –, sondern das Land Kanaan, in dem „Milch und Honig fließen“.

Wir können uns zu Recht fragen: Warum? Wenn wir bereits „von dem Joch alles Bösen enthoben“ sind, wie es in einem Hymnus der Fastenzeit heißt, den vielen von euch bekannt ist, warum brauchen wir dann immer wieder einen neuen Exodus? Sind wir frei oder sind wir nicht frei? Jeder von uns weiß es und kann für sich selbst antworten: teils ja, teils nein. Und das aus vielen Gründen. Ein Grund ist die Tatsache, dass es nicht nur ein Ägypten gibt, sondern viele, die uns gefangen halten. Es gibt viele Formen der Sklaverei in unserem Leben, und vor allem entstehen ständig neue, da sich die Umstände und die Mentalität ändern, die das Umfeld beherrschen, in dem wir Leben. Es herrscht heute eine Mentalität, die, wie das Seminar der Gemeinschaft eindringlich betont, unweigerlich eine verführerische Macht auf uns ausübt, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht.

Jede Zeit, jeder historische Moment hat sein „unsichtbares Ägypten“. Das heißt, die Umwelt ist von einer bestimmten herrschen-den Ideologie geprägt, von einer bestimmten Mentalität, die die Gesellschaft beherrscht und für den Christen zu einer Herausforderung wird, d.h. zu einer Versuchung, zu einer Prüfung, und gerade deshalb gleichzeitig zu einer Chance der Reifung und Bereicherung. Die Versuchung ist für den Christen eine Herausforderung, eine Prüfung, und gerade deshalb gleichzeitig eine Gelegenheit zur Reifung und Bereicherung. Denn die Versuchung, wenn sie durchgemacht und mit dem Schwert der Unterscheidung be-siegt wird, um einen von Papst Franziskus geliebten Begriff zu verwenden, macht uns bewusster und stärker und daher paradox-erweise bereichert uns: „Es ist unmöglich, in einem allgemeinen gesellschaftlichen Kontext zu leben, ohne von ihm beeinflusst zu werden [...]. Denn auch wir sind Kinder dieser historischen Wirklichkeit, die das Menschsein darstellt. Auch wir müssen durch alle Beschwerlichkeiten, Versuchungen und bitteren Folgen hindurchgehen und dabei die Hoffnung aufrechterhalten, die das Leben des Lebens ist." (L. Giussani, Sein Leben hingeben für das Werk eines Anderen, EOS-Verlag, Sankt Otti-lien 2022, S. 92-93)

Treffen Ende März in Assisi

Fragen wir uns also: Was ist heute das Ägypten, in dem wir alle mehr oder weniger leben und dessen Luft wir atmen, möge es uns gefallen oder nicht? Wir könnten viele Dinge nennen. Ich möchte mit euch heute vor allem auf ein besonderes Merkmal dieses neu-en „Ägyptens“ eingehen, in Anlehnung an ein Büchlein eines interessanten koreanischen Philosophen, Byung Chul Han, das mir ein Freund kürzlich empfohlen hat. Der Titel des Buches lautet Müdigkeitsgesellschaft, und ich empfehle vor allem den Fans von Vasco Rossi diese Lektüre, da Han (relata refero!) einer seiner Referenzdenker ist. Lasst uns also beginnen! ...

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