Eine Szene aus dem Film.

MENSCHEN, DIE DEN BLICK GOTTES LEBEN

Ein Kommentar zum Film Von Menschen und Gottern von Javier Prades, Rektor der San Dámaso-Universität in Madrid.
Javier Prades

Als Pater Christian de Chergé, Prior des Klosters „Notre-Dame de l'Atlas“ im algerischen Tibhirine, beschlossen hatte, an jenem Ort zu bleiben, obwohl er sich der Gefahr bewusst war, getötet zu werden – was dann tragischerweise auch geschah –, schrieb er folgende Worte: „Wenn es mir eines Tages geschehen sollte – und das könnte heute schon sein –, ein Opfer des Terrorismus zu werden, der sich nun auch gegen alle Fremden in Algerien zu richten scheint, so möchte ich, dass meine Gemeinschaft, meine Kirche, meine Familie sich daran erinnern, dass mein Leben Gott und diesem Land geschenkt war. (…) Mein Tod scheint denen Recht zu geben, die mich immer schnell als naiv oder zu idealistisch angesehen haben. (…) Aber jene, die so dachten, müssen wissen, dass nun endlich meine stechendste Neugier zufriedengestellt sein wird: Nun werde ich, wenn es Gott gefällt, meinen Blick mit dem Gottes, des Vaters, vereinen dürfen, um so mit Ihm seine Kinder aus dem Islam zu betrachten, und zwar so, wie Er sie sieht, ganz erleuchtet von der Herrlichkeit Christi, auch sie Früchte seines Leidens, angetan mit den Gaben des Geistes, dessen tiefverborgene Freude immer die sein wird, die Gemeinschaft zu begründen und die Ähnlichkeit wiederherzustellen, indem er mit all den Unterschieden unter den Menschen spielt.“

Der Entschluss des Priors war so außerordentlich, dass er es für nötig hielt, den Sinn seines Verhaltens im Voraus zu erklären. Nicht, weil es eine Geste war, die mit einer humanitären Initiative oder mit reinem Altruismus hätte verwechselt werden können. Im Gegenteil: Seine Worte waren notwendig, weil seine Geste auf übermäßige Weise dem Handeln Jesu ähnelte. Angesichts möglicher Erwägungen anderer, die auch vernünftiger oder frommer hätten erscheinen können, die aber beim Vorletzten stehen geblieben wären, ist de Chergé bis zum Letzten gegangen. Er wollte sich ganz in die Position Gottes, des Vaters, versetzen. Er hat sich nichts anderem angeglichen, als der Teilhabe an Seinem liebevollen Blick auf die Menschen, die guten wie die schlechten, Christen wie Nichtchristen, einschließlich seiner künftigen Mörder.

Prof. Xavier Prades

Der Erfolg des Films Von Menschen und Göttern hat das Bild und den Ruf dieser Mönche im ganzen Westen bekannt gemacht. Auch wir können auf diese Weise besser verstehen, warum das Martyrium die höchste Form des christlichen Zeugnisses ist. Dabei hilft uns der wunderschöne Abschnitt von Johannes Paul II.: „Der Märtyrer ist in der Tat der zuverlässigste Zeuge der Wahrheit über das Dasein. Er weiß, dass er in der Begegnung mit Jesus Christus die Wahrheit über sein Leben gefunden hat; nichts und niemand wird ihm jemals diese Gewissheit zu entreißen vermögen. Weder das Leiden noch der gewaltsame Tod werden ihn dazu bringen können, die Zustimmung zu der Wahrheit zu widerrufen, die er in der Begegnung mit Christus entdeckt hat. Deshalb fasziniert uns bis heute das Zeugnis der Märtyrer, es weckt Zustimmung, stößt auf Gehör und findet Nachahmung. Das ist der Grund, warum man auf ihr Wort vertraut: Man entdeckt in ihnen ganz offensichtlich eine Liebe, die keiner langen Argumentationen bedarf, um zu überzeugen, da sie zu jedem von dem spricht, was er im Innersten bereits als wahr vernimmt und seit langem gesucht hat. Schließlich ruft der Märtyrer ein tiefes Vertrauen in uns hervor, weil er sagt, was wir bereits empfinden, und offenkundig macht, was auch wir, wenn wir denn die Kraft dazu fänden, gern ausdrücken würden“ (Fides et ratio, 32).