Eine große Leidenschaft für den Menschen. das dritte Rhein-Meeting
Unter dem Titel “frei! wozu?” beschäftigte sich das dritte Rhein-Meeting vom 26. bis zum 28. Februar 2016 im Kölner Maternushaus mit grundlegenden Fragen.Wie gehen wir mit unserer Freiheit um? Wie leben wir unser Leben, wie unsere Arbeit und die Beziehungen? In Erfahrungen und Zeugnisse analysierte das Meeting die Frage der Freiheit in ihren verschiedenen Dimensionen und Facetten. Am Ursprung dieser nun schon zum dritten Mal veranstalteten Tagung stand die aus der Begegnung mit dem Charisma von Don Giussani entstandene Leidenschaft für alles Menschliche. Sie wurde von denen bezeugt, die unter der Leitung von P. Gianluca Carlin das Treffen veranstalteten, dabei mitarbeiteten oder daran teilnahmen. Die vielen aus ganz Deutschland angereisten Freiwilligen erinnerte P. Lorenzo Di Pietro vor Beginn der Veranstaltung daran, dass aus einem dankbaren Herzen ganz von allein eine gute Arbeit kommt. Die bewegende Erfahrung und das Anerkennen der Ungeschuldetheit des Wirkens Gottes im eigenen Leben lassen uns mit einem ähnlich ungeschuldeten Blick auch auf die Mitmenschen schauen.
Carlin wies zu Beginn auf das ambivalente Verständnis von Freiheit in der Gegenwart hin. Dabei erwähnte er einerseits die Aussage des französische Schriftstellers Michel Houellebecq, wonach der Mensch „es satt hat, frei zu sein: es ist ihm zu mühselig“. Andererseits machten sich Tausende von Menschen auf, ließen alles zurück, um die Freiheit zu finden, ja sie seien sogar bereit, für die Freiheit ihrer eigenen Glaubensüberzeugung zu sterben.
Unter den Vortragenden beim Meeting war Professor Ahmad Karimi vom Zentrum für Islamische Theologie an der Universität Münster. Als 13jähriger war er aus Afghanistan nach Deutschland geflohen. Die entscheidende Wende in seinem Leben ereignete sich, als er nicht als Flüchtling, sondern als Mensch betrachtet wurde. Karimi äußerte sich zur Verantwortung der muslimischen Verbände in der Flüchtlingsfrage. Jeder habe ein Anrecht auf einen Ort der Herkunft und damit der geistigen Heimat und Zugehörigkeit. Hier seien die muslimischen Verbände in Deutschland bei der Aufnahme der Schutzsuchenden gefragt.
Dr. Adolf Diefenhardt, der immer wieder als Arzt in Afrika arbeitete, und Stephan Neuhoff, ehemaliger Direktor der Kölner Feuerwehr und Vater von elf Kindern, bezeugten ihren festen und tiefen Glauben an Gott. Neuhoff betonte in einem persönlichen Zeugnis, welche Bedeutung das unbedingte Angenommensein in Christus dafür hat, dass Freiheit möglich wird. Nur so habe er ohne Selbstüberforderung auch große Verantwortung übernehmen können.
Die beiden Journalisten John Waters, Kolumnist des „Irish Independent“ in Dublin, und Russel Ronald Reno, US-amerikanischer Journalist und Herausgeber der Zeitschrift „First Things“ in New York, fragten sich, wie man in einer Welt wirklich frei sein kann, in der Freiheit nur darin besteht, zu machen was man gerade will. Reno sah die Freiheit des Christen vor allem im mutigen gesellschaftspolitischen Engagement. Die in der Beziehung zu Christus gründende Freiheit erlaube es dem Einzelnen gerade in politisch kontroversen Fragen, wie dem Schutz des Lebens am Anfang und am Ende, Farbe zu bekennen. Dabei gehe es weniger um das reine Argument, sondern mehr um das Zeugnis.
Kardinal Gerhard Ludwig Müller, Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, erinnerte daran, dass die Freiheit des Menschen sich im Mittun mit der Liebe Gottes verwirklicht. Der Kölner Erzbischof Rainer Woelki, einer der Schirmherren des Rhein-Meetings, mahnte beim Pontifikalamt am Sonntag in der Kirche Sankt Ursula die Christen, entschiedener für das Recht jedes Einzelnen auf Leben einzutreten. Der Kardinal unterstrich, dass das Rhein-Meeting ein Treffen sei, das Austausch und Dialog ermögliche. Die Zugehörigkeit zur Kirche erlaube es uns, anderen über die Grenze der Konfessionen und Religionen hinaus zu begegnen.
Friedrich-Leopold Graf zu Stolberg, Präsident des Landgerichts Görlitz, und Dr. Frank Wendt, Dozent am Institut für forensische Psychiatrie in Berlin, behandelten die Frage nach der Beziehung zwischen der Freiheit und der Verantwortung der Person.
Die Veranstaltung stand auch unter der Schirmherrschaft des Europäischen Parlaments. Dessen Präsident, Martin Schulz (SPD), hob in seinem Grußwort die Achtung der Menschenwürde, die Bedeutung von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten, insbesondere der Rechte von Minderheiten, hervor. In diesem Geist unterstütze das EU-Parlament das Rhein-Meeting.
Ein besonderer Höhepunkt war am Samstagabend das „leidenschaftliche“ Konzert der Bigband des St.-Ursula-Gymnasiums aus Brühl unter Leitung von Herrn Heinl vor einem vollen Saal.
Diese drei intensiven Tage im Zeichen von Kultur und von persönlicher Erfahrung sind für viele der rund tausend Personen, die am Rhein-Meeting teilnahmen, ein Sprungbrett für Beziehungen, die sich während des ganzen Jahres fortsetzen, indem sie die Leidenschaft für alles Menschliche bezeugen. Denn „Ein Mensch zu sein, das interessiert mich!“ So lautet der einem Werk des französischen Schriftstellers Albert Camus entlehnte Titel für das nächste Rhein-Meeting, das vom 10. bis 12. März 2017 wieder in Köln stattfinden soll.