Rhein Meeting 2018 - "Woher wissen wir eigentlich, dass zwei und zwei vier ist?"

Der geteilte Raum der Gewissheit - Bericht über das letzte Rhein-Meeting, das vom 8.-10. März 2018 in Köln stattgefunden hat.
Christoph Scholz

George Orwells Dystopie „1984“ gab diesmal das Motto des Rhein-Meetings: „Woher wissen wir eigentlich, dass zwei und zwei vier ist?“. Der Zukunftsroman aus dem Jahr 1948 thematisiert die Geschichte der gezielten Zerstörung jeder Gewissheit im Namen von Ideologie und Machterhalt. An anderer Stelle im Roman heißt es: „Freiheit bedeutet, die Freiheit zu sagen, dass zwei und zwei vier ist. Gilt dies, dann ergibt sich alles andere von selbst“ (Orwell, 1984, Ullstein 1994, S. 101).

Dass die Frage nach der Gewissheit nicht erst im Kontext des neu ausgerufenen postfaktischen Zeitalters eine Rolle spielt, sondern auf eine existenzielle Verunsicherung unserer Zeit verweist, betonte Pater Gianluca Carlin, der Vorsitzende des Rhein-Meetings mit einem Zitat von Vaclav Havel:  „Wir genießen alle die Errungenschaften der modernen Zivilisation, aber wir wissen nicht genau, was wir damit anfangen, wohin wir uns wenden sollen. Die Welt scheint chaotisch. Experten der objektiven Welt können uns alles erklären. Unser eigenes Leben aber können wir uns nicht erklären“ (zitiert nach: Andreas Rödder: 21.0 Eine kurze Geschichte der Gegenwart, München 2015). Kurz es ging um die Frage der Gewissheit in Zeiten von Fake-News, vor allem aber in Zeiten der Selbstentfremdung und der Zerbrechlichkeit des Ich.

Das Rhein-Meeting, dessen Einzelveranstaltungen von 150 bis zu etwa 400 Gästen besucht wurden, fand vom 9. bis 11. März im Maternushaus unweit des Kölner Doms statt. Diskussionen und der szenischen Lesung einer zeitgenössischen Adaption von Orwells Roman. Dass es hier um einen neuralgischen Punkt in der gesellschaftlichen Debatte geht, zeigten nicht zuletzt die angeregten Diskussionen unter den zahlreichen Besuchern.

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, der neben dem Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Wölki die Schirmherrschaft übernommen hatte, würdigte in seiner Grußadresse die Bemühung des Rhein-Meetings um die Verständigung unter den Völkern und den Dialog unter den Religionen.

Der Vortrag mit Sophia Kuby und Martin Groos

Zum Auftakt am Freitagabend ging es um Menschen, von denen man meinen könnte, dass sie durch Verfolgung und Not sämtliche Gewissheiten verloren haben müssten. Die Berichte von Sophia Kuby und Martin Groos von ihren Besuchen in den Krisengebieten Syriens und des Irak erzählten jedoch übereinstimmend von einem überraschenden Zeugnis der Hoffnung. Frau Kuby, die sich mit der Organisation ADF International insbesondere für die weltweit bedrohte Religionsfreiheit einsetzt, griff dabei zurück auf die zwei Worte, die das Arabische kennt, um eine eine kurzfristige von einer langfristigen Hoffnung zu unterscheiden: amal und radja. Ohne letztere wäre jener unermüdliche Einsatz für den Wiederaufbau, von dem Martin Groos sprach und auch die Ruhe, die sich in den Augen der auf den Bildern gezeigten Menschen ausdrückt, wohl nicht zu erklären. Auch Pater Romano Christen verwies am Sonntag auf das Martyrium der jungen Kopten, die 2015 von Anhängern des Islamischen Staates in Libyen enthauptet wurden und deren Glaubensgewissheit der Schriftsteller Martin Mosebach in seinem jüngsten Buch „Die 21. Eine Reise ins Land der koptischen Märtyrer.“ dokumentiert.

Ganz anders erscheint die Situation in den postmodernen Industriegesellschaften, „wo alles möglich, aber immer weniger gewiss ist“, wie Carlin betonte. In ihrer radikalen Verunsicherung suchten viele nach einfachen Antworten, die die Wirklichkeit allerdings verkürzen und verzerren. Die Hochkonjunktur des Populismus ist hierfür nur ein Zeichen.

Oliver Roy (rechts)

Der international bekannte Politologe und Islamexperte Oliver Roy ging in seinem Beitrag auf eine besonders dramatische Folge der Verunsicherung ein: Den Terrorismus als Folge der „radikalisierten Ungewissheit“. Bei der Analyse des Lebenslaufs von über 150 Attentätern, darunter auch jene, die die Anschläge in Paris und Barcelona verübten, kam er zu aufschlussreichen Gemeinsamkeiten. Bei fast allen handelt es sich demnach um Migranten der zweiten Generation oder Konvertiten, von denen nicht wenige eine kriminelle Karriere hinter sich haben. Sie teilen den westlichen Lebensstil ihrer Altersgenossen vom Drogenkonsum über die Kleidung bis zum Diskobesuch. Und nicht wenige kommen aus zerrütteten Familienverhältnissen. Alle eint die Erfahrung einer existenziellen Haltlosigkeit und eines weltanschaulichen Nihilismus.

Nach Roy ist damit der Ausgangspunkt nicht die Radikalisierung durch den Islam oder allgemeiner durch die Religion. Sondern einnihilistischer Drang der seine Selbstbehauptung in der Gewalt sucht und den Islam als Ausdrucksform nutzt. Kurz: „Nicht der Islam wird radikalisiert, sondern die Radikalisierung wird islamisiert.“ Keiner der Terroristen sei an einem politischen Kampf etwa für Palästina interessiert, so Roy. Und ebenso wenig sei ihr Verhalten als Antwort auf religiöse oder soziale Diskriminierung zu erklären. Statt dessen folgten sie nach Überzeugung des Politikwissenschaftlers dem Narrativ des „Lonely Hero“ . Dies gehe vor allem in den sozialen Netzwerken einher mit der Ästhetisierung äußerster Grausamkeit – bis zu Wettbewerben über das brutalste Hinrichtungsvideo.  Für Roy ist dies Konsequenz einer „Entkulturisierung des Islams“, oder anders gesagt, eines kruden Islamverständnisses, das die Beziehung zur muslimischen Kultur der Väter verloren hat, ja sich dieser bewusst entgegenstellt. Roy sieht hier eine Krise der Weitergabe der Tradition. „Religionen werden radikal, wenn sie aus einer gelebten Tradition gelöst werden“, so sein Fazit. Was bleibt, ist ein „Islam für Dummies“. Höchster Ausdruck des Nihilismus ist für Roy, dass die Selbstmordattentäter die Weitergabe der Tradition ebenso wenig interessiert wie das Schicksal der Kinder, die nicht wenige von ihnen kurz vor ihren Bluttaten gezeugt hatten. An die Stelle existenzieller Gewissheit tritt eine nazistische Selbstdarstellung, die zur Selbstbehauptung möglichst viele Unschuldige mit in den Tod reißt. Für Roy zeigt dieser Befund, dass eine staatlich forcierte Säkularisierung wie in Frankreich, die etwa durch die Verbannung religiöser Symbole aus der Öffentlichkeit zu einer weiteren Entwurzelung der Religion aus ihrem kulturellen Kontext führt, gerade nicht die Lösung sein kann. Roy plädiert statt dessen für eine Resozialisierung und „Rekulturierung“ der Religion. Es brauche einen neuen „geteilten Raum“, innerhalb dessen jene Weitergabe stattfinden könne.

Aleksandr Filonenko

Wie aber gelangt der Mensch zu wirklicher Gewissheit? Der ukrainische Philosoph Alexandr Filonenko von der Universität Kharkov, der auch Gastprofessor in Cambridge ist, ging dieser Frage sowohl wissenschaftlich als auch biographisch nach. Und es war kein Zufall, dass er dies anhand von Beispielen, Bildern, vor allem aber seiner eigenen Lebensgeschichte tat.

„Die von der Schönheit geschlagene Wunde der Realität öffnet den Weg zur Selbstmitteilung der Wirklichkeit“. Dieselbe Herausforderung gilt für die existenzielle Gewissheit: „Hören wir den Ruf der Schönheit jeder einzelnen Begegnung?“

Ausgangspunkt seiner Einlassungen war sein kindliches Staunen vor Schneeflocken: Sie haben alle sechs Symmetrieachsen, dennoch gleicht keine unter Billionen einer anderen. Tatsächlich versuchten sich im Laufe der Jahrhunderte mehrere Naturwissenschaftler von Weltruf an einer Erklärung. Für sie war das Staunen der Beginn einer genauen Aufmerksamkeit gegenüber der Wirklichkeit. Oder in den Worten Filonenkos: „Die von der Schönheit geschlagene Wunde der Realität öffnet den Weg zur Selbstmitteilung der Wirklichkeit“. Dieselbe Herausforderung gilt für die existenzielle Gewissheit: „Hören wir den Ruf der Schönheit jeder einzelnen Begegnung?“ Für Filonenko überwindet die Annahme der anderen Person jede Entfremdung. Persönlich ebnete ihm diese Zuwendung den Weg zum Glauben. „In jeder Begegnung liegt eine ‚österliche Tiefe - die Schönheit Christi‘“, so das Credo Filonenkos, der im atheistischen Kommunismus aufwuchs und sich später zum orthodoxen Christentum bekehrte.

Entscheidend war dabei für ihn eine Erkenntnis, dass nämlich die Frage, ob ich vor dem „Ozean der Langeweile“ oder vor dem „Ozean der Geheimnisse“ stehe, nicht am Ozean liegt, „sondern an meiner Aufmerksamkeit gegenüber der Schönheit der Dinge“. Und er fasste diese Aufmerksamkeit ähnlich wie Papst Franziskus in den Begriff der „Zärtlichkeit“. Die Frage ist also, „ob ich mich von der Schönheit verletzen lasse“: statt der Selbstbezogenheit die Offenheit für die „belebende Wunde der Wirklichkeit“. Dieses „Primat der Wirklichkeit“, die Aufrichtigkeit gegenüber der Wirklichkeit und den Fakten bewahre auch vor den populistischen Verkürzungen.

Für Filonenko beginnt die Menschlichkeit bei der Verletzlichkeit gegenüber dem Anderen. In der Frage nach dem Wachstum der Gewissheit lehnt er sich an Don Luigi Giussani an. Gewissheit finde ich nicht in mir selbst, so Filonenko; ich kann sie selbst nicht hervorbringen. Es sei immer ein Wunder, dass wir uns nämlich zusammen vor einem Ereignis befinden, welches uns in seiner Schönheit verwundet. „Es ergreift mich so, dass ich mich in diesem Augenblick gleichsam selbst verliere… und später wird uns bewusst, dass wir niemals so gewiss waren, nie so bei uns waren, wie in diesem Augenblick.“

Nach den Ideologien mit ihren konstruierten Wahrheiten und dem radikalen Relativismus der Postmoderne bricht für Filonenko nun „die Zeit der Erzählung“ an, die Mitteilung persönlicher Erfahrungen: die Zeit des Zeugen. Damit könne, ähnlich dem von Roy geforderten „geteilten Raum“, zwischen Kirche und Gesellschaft wieder „ein gemeinsamer Raum der geteilten Zeugenschaft“ entstehen. Ein Raum, in dem „jeder Zeuge und jeder Erzähler wertvoll ist“ und es auf die Kraft dieses Zeugnisses ankomme.

Kardinal Paul Josef Cordes sah in Don Lugi Giussani einen solchen Zeugen. In einem kurzen Grußwort erinnerte er an seine persönliche Begegnung mit ihm. Giussani habe auf den Nihilismus weder „soft“ noch mit einer Gegenideologie reagiert, sondern mit seinem entschiedenen Zeugnis für die Gegenwart Jesu Christi. Für ihn sei die Bewegung von Comunione e Liberazione auch ein „entscheidender Impuls für die Kirche - weil sie Hoffnung verspricht“, so der Kardinal, der einst für die neuen geistlichen Bewegungen in der Kirche verantwortlich war.

Schauspieler des Theaters Münster und der Dramaturg Peter Hägele

Ein Beispiel für einen „geteilten Raum“ zeigte sich auch bei der Diskussion über die Aktualität des Romans 1984. Die fünf Schauspieler des Theaters Münster und der Dramaturg Peter Hägele stellten sich einem Dialog mit Vertretern des Rhein-Meetings und dem Publikum: Ein Gespräch, das gerade durch die unterschiedlichen Zugangswege bereichernd war. Hägele sah jenseits aller Ideologie auch in der Kunst wieder eine Sehnsucht nach den großen Erzählungen, eine neue Offenheit für Wahrheiten und Gewissheiten. Auch das Stück setzt bei seiner Thematisierung der Zerstörung aller Gewissheit beim Leser und Zuschauer eine letzte Grundgewissheit voraus. Nicht nur das Wissen, dass zwei plus zwei vier ist, sondern vor allem das Wissen um das alle verbindende Humanum: Das Verlangen nach Freiheit, nach Erfüllung, nach Liebe. Genau daran appelliert Orwell mit seinem Roman.

Zum Thema Gewissheit fügte schließlich die Kölner Benediktinerin, Schwester Johanna Domek am Sonntagvormittag noch zwei entscheidende Aspekte hinzu. Die Initiatoren des Rheinmeetings hatten die Klausurschwester bei der Aufführung des Theaterprojekts „Glaubenskämpfer“ am Schauspiel Köln kennengelernt. Das Stück ist gleichsam ein Kondensat stundenlanger Glaubensgespräche zwischen Domek, einem Juden und drei Muslimen, die der Regisseur Nuran David Calis dann zu einem Plot zusammensetzte. Es gab nur eine Voraussetzung, so die Ordensfrau: „Jeder ist so ehrlich wie möglich“. Für Domek ein ungewohntes, ja forderndes Erlebnis, denn immer wieder war die ganz persönliche Dimension des Glaubens gefragt.

Schwester Johanna im Dialog mit den Organisatoren des Meetings

So ging es bei diesem interreligiösen Dialog nicht mehr um den kleinsten gemeinsamen Nenner oder gar die Suche nach einem religionsübergreifenden Ethos. Im Gegenteil, die Gesprächspartner befragten und hinterfragten den Glauben des jeweils anderen. So wurde das Zeugnis gleichzeitig zu einer Vertiefung und Selbstvergewisserung der eigenen Überzeugung: „Gewissheiten, werden uns oft erst bewusst, wenn sie abgefragt werden“, sagte die Ordensfrau. Zugleich wurde für sie das Gespräch der Beginn einer tiefen Freundschaft untereinander. „Nicht die Verschiedenheit trennt uns, sondern die Verschlossenheit“, so ihre Erfahrung.

Im Gespräch ging es auch nicht um unterschiedliche Dogmen oder theologische Richtungen, sondern um die persönliche Überzeugung: „Man kann über Gott nicht wie über einen Gegenstand sprechen, sondern nur wie über eine Beziehung“. Hier lag für sie auch die Grenze des Theaters als Raum der Vermittlung: Denn Gewissheit braucht Zeit, den Einsatz des eigenen Lebens – „Das Herz muss gereinigt werden!“

Bleibt es aber nicht doch bei einem subjektiven religiösen Erlebnis? An religiösem Erleben mangelt es auch heute nicht, erläuterte Domek, so als sei es dieses Erleben schon fast inflationär. „Aber sie verschlucken die Erfahrung… es reicht nicht aus, Erfahrungen zu machen, wir müssen auch aus ihnen lernen!“ Und: „Erfahrung verlangt nach Entscheidung: die Vernunft etwa zu leben“. Für Domek begann die Entscheidung für das Leben mit dem Eintritt in das Kölner Klausurkloster. Dort traf sie vor allem alte Nonnen, die seit Jahrzehnten gemeinsam dieselben Psalmen beteten und das Kirchenjahr feierten. „Aber ich bin nirgendwo so ausgeprägten Persönlichkeiten begegnet“, meinte sie. Ein Zeugnis nicht nur für die Gegenwart Gottes, sondern dafür, dass er im Leben wirkt – wenn man ihn in den „geteilten Raum“ einlässt.



Den Abschluss am Sonntagnachmittag bildete ein Gespräch zwischen der Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Ursula Frost und Laurens Peeters, Gründer einer Grundschule in Rosmalen (Niederlande). Es sei der Wunsch gewesen, seine Kinder zu erziehen, der ihn dazu veranlasst habe, eine Schule zu gründen, so Laurens Peeters, selbst Vater von vier Kindern. Eine Schule, in der die Kinder ganz im Sinne von Filonenkos Betrachtung der Schneeflocke und der Entstehung der Wissenschaften aus dem geteilten Staunen heraus in die Welt hineingeführt werden. Dabei brauchten die Kinder ein großes Ziel vor Augen und einen konkreten Vorschlag, um einen eigenen Schritt zu gehen. Wie können wir den Kindern dabei helfen? Prof. Frost griff in ihrer Antwort auf zentrale Einsichten großer Pädagogen wie Schleiermacher, Pestalozzi und Buber zurück. Man müsse an die Erfahrung anknüpfen, die dem Kind schon zur Verfügung steht. Nicht im Sinne einer billigen „Motivationsquelle“, sondern im Sinne des an diesem Wochenende häufig zitierten „geteilten Raumes“, in den sich auch das Kind einbringen können muss, um die Erfahrung zu machen, dass es den eigenen Sinnen trauen kann. Erziehung sei dabei auch „Umkehr“, wie sie in Platons Höhlengleichnis zum Ausdruck komme. Zentral sei dabei aber vor allem, dass sich das Kind „angesprochen wissen“ soll. Angesprochen von einer Person, aber letztlich „von einem größeren Du, das uns in der Wirklichkeit begegnet“ und von dem unsere letzte Gewissheit ausgeht. Es ist dieses Du, das mir diesen Weg ermöglicht, indem ich gerade „durch die Begegnung mit dem anderen und mit der Welt zu der Person werde, die ich wahrhaft bin“. Dies aber bedeute auch zu lernen, auf sich selbst als ein Geheimnis zu schauen.

Das Kind soll sich „angesprochen wissen“. Angesprochen von einer Person, aber letztlich „von einem größeren Du, das uns in der Wirklichkeit begegnet“ und von dem unsere letzte Gewissheit ausgeht. Es ist dieses Du, das mir diesen Weg ermöglicht, indem ich gerade „durch die Begegnung mit dem anderen und mit der Welt zu der Person werde, die ich wahrhaft bin“

Auch Pater Gianluca Carlin hielt in seinen Abschlussworten diese zentrale Einsicht des Rhein-Meetings fest, dass die Frage nach der Gewissheit mit dieser Wiederentdeckung des Geheimnisses meiner eigenen Person einher gehe, die nur möglich ist in jenem „geteilten Raum“ von Personen, die sich gemeinsam auf dieses Wagnis einlassen.

Mit den Worten von Hannah Arendt ausgedrückt fasste er zusammen: „Es ist oft festgestellt worden, daß die Geltung der Behauptung, 2 und 2 sei gleich 4, unabhängig vom Menschsein sei, das heißt für Gott und Mensch gleich gültig. (…) Aber diese gemeinsame menschliche Fähigkeit, die selbst unter den Bedingungen einer völligen Trennung von Welt und Erfahrung funktioniert und eindeutig 'in' uns, ohne Bindung an 'Gegebenes' ist, ist unfähig, überhaupt etwas zu verstehen, und, wenn sich selbst überlassen, äußerst steril. (…) Allein das menschliche Herz – von der Sentimentalität gleich weit entfernt wie von allem Papiernen – ist in der Welt bereit, die Last zu tragen, welche die göttliche Gabe des Handelns, des Ein-Anfang-Seins und deshalb des Fähigseins, einen Anfang zu machen, uns auferlegt hat.“ (Hannah Arendt: Verstehen und Politik, in: Zwischen Vergangenheit und Zukunft. Übungen im politischen Denken I, München 2000, S. 121;126.). Benedikt XVI. sprach in seiner Rede im Deutschen Bundestag 2015 von einem „hörenden Herz“, das nötig sei, um die Maßstäbe für Urteilen und Handeln wiederzugewinnen. Etty Hillesum und Susanna Tamaro wünschen sich „Ein denkendes Herz“. Dieses Anliegen wollen sich die Initiatoren des Rhein-Meetings zu eigen machen und laden im kommenden Jahr vom 22.-24. März 2019 zum sechsten Rhein-Meeting ins Kölner Maternushaus.