Alles in einem Blick
Die Krise einer ganzen Generation, erzählt von Kindern. Die Angst der Erwachsenen. Und der Weg zu einer „ganzheitlichen“ und „lebendigen“ Beziehung in der Erziehung. Notizen aus einem Gespräch mit Franco Nembrini und Matteo SevergniniVor Jahren nahm ich einen Jungen mit psychischen Schwierigkeiten auf, dem Gott eine außergewöhnliche Fähigkeit gegeben hatte, die Natur der Dinge zu erfassen. Eines Abends beim Abendessen fragte er mich: „Franco, weißt du, was ein Pullover ist?“ Ich antwortete: „Ja, das ist ein Kleidungsstück, das man anzieht, wenn einem kalt ist.“ Doch er erwiderte: „Du verstehst gar nichts. Ein Pullover ist das Kleidungsstück, das die Kinder anziehen müssen, wenn den Müttern kalt ist.“ Dann fuhr er fort: „Weißt du, was die Gioventù Studentesaca ist? Es ist der Ort, an den die Kinder gehen müssen, wenn die Mütter Angst haben.“ „Und wovor sollten Mütter so viel Angst haben?“, fragte ich ihn. „Mütter lieben uns, und deshalb wollen sie nicht, dass wir schlechte Dinge tun oder verletzt werden. Aber sie haben Angst vor dem Bösen. Und um es zu vermeiden, nehmen sie uns die Freiheit. Sie verstehen nicht, dass sie uns so umbringen.“ Für alle meine Überlegungen zum Risiko der Erziehung, die ich in 40 Jahren als Lehrer angestellt hatte, wurde die Aussage dieses 16-Jährigen zu einem unvermeidlichen Ausgangspunkt der Verifizierung. Ich wollte verstehen, was er meinte.
Es gibt eine Geisteshaltung bei den heutigen Jugendlichen, die ich als neu empfinde. Bis vor zehn Jahren hörte ich keine 13- oder 14-Jährigen zu mir sagen: „Lieber Franco, du hast Recht, aber wenn du so werden willst wie mein Vater oder meine Mutter, dann kannst du auch Drogen nehmen.“ Das erste Merkmal dieser Generation von Erwachsenen scheint die Angst zu sein. Aber Angst ist der große Feind der Erziehung, denn sie blockiert alles. Sie verhindert, dass wir Dinge versuchen, sie bringt uns nicht dazu, die Freiheit zu schätzen, sie erlaubt keine Korrektur. Wenn wir also über Erziehung sprechen wollen, müssen wir uns auch mit der Angst auseinandersetzen. Denn sie ist das, was wir unseren Kindern vermitteln. Von den vielen Briefen, die ich glücklicherweise immer wieder erhalte, werde ich euch den einer jungen Frau vorlesen: „Hallo Franco, ich schreibe dir, weil ich dich schätze; du bist ein Erzieher und ich hoffe, dass du etwas tun kannst. Ich bin 18 Jahre alt und der Gedanke, dass sich meine Generation langsam selbst zerstört, bedrückt mich sehr. Ich habe noch nie eine Generation so leiden sehen. Und die Pandemie hat diese Zerbrechlichkeit, die zu verstehen ich versuchen möchte, noch verschärft.“ Sie berichtet: „Eine Freundin von mir hat vor ein paar Jahren beschlossen, ihr Leben mit einem Seil und einem Kronleuchter zu beenden. Zwei meiner Klassenkameraden haben einen Suizidversuch unternommen. Ich sehe die Schnitte am Handgelenk eines Mitschülers. Und ich könnte noch mehr erzählen…“ Könnt ihr euch einen Jungen oder ein Mädchen von 14, 16 oder 18 Jahren vorstellen, dessen oder deren Umfeld von dieser Selbstzerstörung geprägt ist? Sie fragt sich: „Was mache ich, die ich vor dieser Situation stehe? Wer bin ich vor meinen Gleichaltrigen, die überzeugt sind, keinen Wert zu haben?“ Das ist der Punkt, auf den ich aufmerksam machen möchte: überzeugt sein, keinen Wert zu haben. Das schreckliche Leid, das ich wahrnehme, rührt von der Überzeugung her, dass man keinen Wert hat. Aber man gibt sich den Wert im Leben nicht selbst! Jemand, der dich mit einem Blick voller Barmherzigkeit ansieht, gibt ihn dir. Das ist der richtige, unvermeidliche Ausdruck: Ein Blick voller Barmherzigkeit. Jemand, der dich anschaut und dir klar macht, dass er sein Leben für dich geben würde, ohne irgendeine Gegenleistung von dir zu verlangen und ohne dich zu bitten, dich zu ändern.
Die Jugendlichen sind geplagt von Leistungsdruck, von der Angst, „performen“ zu müssen: Sie sind nie gut genug für niemanden. Sie kämpfen darum, jemanden zu treffen, der ihnen sagt: „Du bist doch so viel wert!“ Doch die christliche Verkündigung ist die folgende: Gott kam auf die Erde, um den Menschen zu sagen, dass sie das Opfer Christi umso mehr verdienen, je mehr sie voller Grenzen sind, je mehr sie sündigen, krank und arm sind... Damit wurde das Christentum eingeführt und darauf war unsere Zivilisation zweitausend Jahre lang aufgebaut. Meiner persönlichen Erfahrung nach ist genau das auch das Charisma von Don Giussani.
Auf die Frage, die ihr mir gestellt habt – „Welche Verantwortung hat ein Erzieher, der das Charisma lebt?“ –, antworte ich also: Die Verantwortung, das Charisma zu leben! Punkt. Es gibt keine andere Antwort. Wenn es noch etwas hinzuzufügen gäbe, würde das bedeuten, dass Don Giussanis Charisma kein erzieherisches Charisma sei. Stattdessen hat er selbst immer betont, dass CL „eine Bewegung der Erziehung zum Glauben“ ist, nicht eine der „Aktivitäten“. Sich für die Erziehung zu engagieren heißt, eine Leidenschaft für die Wahrheit des Menschen zu haben, für die Wahrheit und die Barmherzigkeit, die Christus in die Geschichte bringt – egal, welchen Beruf man ausübt.
Das scheint mir heute der entscheidende Punkt zu sein: Es ist schwierig, Erwachsene zu finden. Die Krise dieser jungen Menschen – unserer eigenen Kinder! – besteht darin, dass sie nicht in ihrem Wert bestätigt werden. Aus „Du bist wertvoll!“, wird „Du wärst wertvoll, wenn...“, und jeder hat seine eigenen Bedingungen. Ich komme auf den Brief der jungen Frau zurück: „Kinder hatten schon immer die Probleme des Erwachsenwerdens, aber meine Generation hat dazu noch etwas Unschönes, das niemand versteht. Auch ich habe tausende Dinge im Kopf, tausende Ängste, aber zumindest habe ich jemanden, der mich liebt und mich an den Wert erinnert, der ich bin. Mir ist klar, dass nicht jeder dasselbe Glück hat wie ich, und vielleicht beschließen andere deshalb, ihr Leben zu beenden.“
Diese Jugendlichen betrachten den Selbstmord als eine der wählbaren Möglichkeiten, um dem Drama zu entkommen, das das Leben ist. Sie schreibt: „Wenn alle Jugendlichen solche Erwachsenen im Leben hätten, wie ich sie habe [ich weiß nicht, wer sie ist, aber offensichtlich hat sie Personen im Leben, die sie wertschätzen], gäbe es weniger Selbstmorde, davon bin ich überzeugt. Aber die Erwachsenen haben blinde Augen und taube Ohren und merken nicht, was mit uns passiert. Sie schauen uns nicht an. Das tut weh.“
Wir alle sind erwachsen geworden, mit einem gewissen Mut und einer Lebensenergie – und zwar, weil uns jemand angesehen hat, der nicht unser Äußeres, sondern unsere Wahrheit schätzt, durch unsere Fehler, Kämpfe und Widersprüche hindurch. Jemand – für mich Don Giussani – hat uns angeschaut und gesagt: „Du bist mehr als all das Böse, das auftaucht.“ Von jemandem angeschaut zu werden, der sein Leben für dich geben würde: das ist Liebe.
Das Gesetz des Seins ist die Liebe. Gott ist Liebe, weil er sein Leben für uns gab, schon bevor wir es verdient hatten. „Gott hat seine Liebe zu uns darin erwiesen, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren“ (Röm 5,8). Das fehlt heute; und ich denke, dass das an der Schwäche der Erwachsenen liegt. Wir sind schwach im Glauben, denn der Glaube ist die Gewissheit über den Sieg Christi. Und diese Gewissheit gibt einen positiven Impuls, der durch alles Böse hindurchgeht. In der Illusion, unsere Kinder vor dem Bösen zu schützen, beschützen wir sie vor der Welt, also vor der Realität, ohne auf ihr Herz, auf ihren Wunsch nach dem Guten und auf ihre Größe zu setzen. Am Ende tun wir das Gegenteil von dem, was ein Erzieher tun sollte.
Was ist dann die Aufgabe des Erwachsenen? Ich lese aus einem anderen Brief, den ich erhalten habe: „Heute Morgen beim Frühstück kam wie jeden Morgen meine Mutter. Und eigentlich gibt es jeden Morgen zugleich eine Reihe von Beschimpfungen: die Noten, die Schule, die Schultasche, die Verspätung, usw. …bis schließlich der Bus kommt. Doch heute Morgen... kam sie herein und lächelte mich an. Meine Mutter lächelte mich an. Und weißt du, was sie gesagt hat? ‚Mario, wie schön, dass du hier bist, wie glücklich bin ich.‘ 17 Jahre lang habe ich darauf gewartet, so angeschaut zu werden.“ Das ist das ganze Problem: Dieser Blick, den ich von Giussani, und wir alle auf irgendeine Art und Weise erhalten haben. Ein Blick, der den Bestand eines Erwachsenen ausmacht.
Ich würde sagen, dass die Hoffnung die wichtigste Tugend des erzieherischen Weges ist. Die Hoffnung ist das, was den ganzen erzieherischen Schwung stärkt, den jeder und jede von uns lebt, in jedem Moment das Risiko eingehend, manchmal das Richtige und oft das Falsche zu tun. Die Hoffnung in mir wird als Urteil aus einem Satz geboren: Es gibt das, was mein Herz verdient. Und zum Glück – für meinen Sohn, meine Tochter, für meinen Schüler und meine Schülerin – bin nicht ich das, was das Herz verdient. Es ist Einer, der „fleischgeworden“ ist. Die Schönheit wurde Fleisch, der Sinn wurde Fleisch, das Ideal des Lebens wurde zu einem Begleiter, der uns verkündet: Was dein Herz verdient, ist da und es gibt einen Weg, es zu finden. Mir wurde klar, dass das, was mir immer wieder Hoffnung gibt, dieser Sinn ist, der zum Wegbegleiter wird und meine Gegenwart durch das Geschenk unserer Gemeinschaft gewiss macht. Denn man geht nicht allein.
Das ist für mein Leben ein grundlegender Ansatzpunkt. Wenn ich schwach bin, ist Er es, der stark ist, und das ist im Glauben möglich, d.h. im Bewusstsein der Begegnung, die mein Herz im Alter von 16 Jahren erfüllte, als mein Schulleiter mich – ohne es zu wissen – aus dem Dunkel der Sinnlosigkeit herausholte. Oder besser gesagt, aus der Dunkelheit meiner selbst. Ich kann mir selbst kein Licht geben, ich brauche jemand anderen. Ich war 16 Jahre alt, ich hatte etwas Schlimmes getan und nachdem mein Cousin sich mit Drogen das Leben genommen hatte, hätte ich rausgeschmissen werden sollen. Doch dieser Schulleiter sagte zu mir: „Matteo, schau, was dein Herz sucht, ist da. Warum tust du so, als ob es das nicht wäre? Was dein Herz verdient, ist da.“ Das war keine moralistische Zurechtweisung – es war der höchste moralische Aufruf, den ich in meinem Leben je erhalten habe. Er hat sich eine liebevolle Invasion erlaubt, die noch nie jemand gewagt hatte. Keiner hatte die Verantwortung übernommen, mir zu sagen: „Schau, es gibt das, was dein Herz begehrt. Lass uns gemeinsam gehen.“ So etwas zu sagen impliziert eine große Verantwortung: Ich gehe mit dir, in diesem Versprechen, das nicht ich erfülle, aber dessen Einfluss ich so sehr lebe, dass ich meinen Weg mit dir teilen möchte.
Ein guter Freund von mir, ein Musiklehrer, lässt seine Achtklässler zur Orientierung Beethoven hören und bittet sie dann, einen Brief an den Komponisten zu schreiben, in dem sie ihm mitteilen, was sie durch das Hören der Musik gelernt haben. Eine Schülerin, 13 Jahre alt, formulierte drei Urteile. Erstens: „Danke, Beethoven, denn du hast mir gezeigt, dass es keine Grenzen gibt. Grenzen gibt es nur in meinem Kopf.“ Aber wenn das stimmt, dann gibt es so etwas wie die Zeit nicht, welche die erste aller Begrenzungen darstellt, und wir eliminieren die Opfer und Mühen des Wachsens und Liebens... und dann sag Beethoven, dass Grenzen nur im Kopf existieren – ihm, der taub war. Zweitens: „Ich danke dir, Beethoven, weil du mir klargemacht hast, dass ich, sobald ich mir ein Ziel gesetzt habe, alles und jeden aus dem Weg räumen muss, der zwischen mir und meinem Ziel steht.“ Sie spricht aus einer mächtigen (nicht kompetenten, mächtigen) Kultur heraus, die einen gewalttätig macht. Das dritte Urteil, vielleicht das härteste: „Danke, Beethoven, denn du hast mich erkennen lassen, dass ich in den schwierigsten Momenten immer auf eine Person zählen kann. Diese Person bin ich selbst.“ Sie hat keinen einzigen Philosophen studieren müssen, um zu einem so klaren und schrecklichen Urteil zu kommen: Sie hat, wie ein Schwamm, das Urteil der Welt aufgesogen, das uns lehrt, dass wir leistungsstarke Monaden sind. Ein narzisstischer Individualismus, der uns einsam und unsere Ziele meist unerreichbar macht. Und das ist beängstigend. Nicht, dass du deine Ziele nicht erreichst, sondern dass du dann allein bist.
Das zeugt von einer enormen Verantwortung, denn eine Leere des kulturellen Angebots entspricht nicht einer Leere in unseren Jugendlichen: Sie testen bereits eine andere Kultur, eine andere Hypothese, einen anderen Vorschlag. Der Schriftsteller David Foster Wallace sagt: „Wir leben normalerweise in einem vordefinierten Standardmodus, weil wir es nicht mehr gewohnt sind, zu verehren, zu betrachten. Wir wissen nicht mehr, was wir anschauen können, und so leben wir ständig in einem Standardmodus.“ Damit fasst er das, was wir bei dem kleinen Mädchen gesehen haben, zusammen: „Wir leben mit der automatischen und unbewussten Überzeugung, dass ich der Mittelpunkt der Welt bin. Es sind meine unmittelbaren Empfindungen und Bedürfnisse, die die Reihenfolge der Wichtigkeit der Dinge bestimmen.“ Schon Giussani, die große Philosophie aufgreifend, stellte fest: „Der Mensch ist das Maß aller Dinge.“ Das war noch nie so wahr wie heute – und wurde noch nie so sehr verleugnet wie heute. Unsere Gesellschaft ist ein Paradoxon. Papst Franziskus bemerkt: „Kinder wachsen als Inseln auf.“ Auch wir, auch ich. „Unverbunden mit den anderen, unfähig zu einer gemeinsamen Vision, daran gewöhnt, die eigenen Wünsche als die absoluten Werte zu betrachten.“ Deswegen sagt man nicht mehr „Nein“ zu den Kindern. Wir machen sie nicht des Neins fähig und wenn sie mit dem Nein der Realität konfrontiert werden, suchen sie Macht, d.h. sie werden gewalttätig. Launische Kinder. Aber meist passiert das nur dann, wenn auch die Eltern so sind. Und so zerfällt die Gesellschaft, verarmt und wird immer schwächer und unmenschlicher.
Ich fahre mit der Geschichte des Musiklehrers fort. Er nimmt seine Schüler und Schülerinnen mit auf einen Ausflug in die Berge. Ein langer Aufstieg, und das Mädchen beginnt anzuziehen, um den Gipfel zu erreichen. Auf halber Höhe ist sie außer Atem, sie kann keinen Schritt mehr weitergehen. Der Lehrer lässt sie sich auf einen Felsen setzen, um Luft zu holen, und mit der geistreichen Ironie eines Menschen, der den Sinn der Dinge liebt, sieht er sie an und zitiert: „Grenzen existieren nur im Kopf.“ Sie schaut ihn an: „Sag es nicht, sag es nicht…“ Sie machen sich wieder auf den Weg, erreichen den Gipfel und sehen die Schönheit der Schöpfung, dann machen sie sich an den Abstieg, der ein Geröllfeld ist. Das Mädchen beginnt zu rennen – sie will vor den anderen aus dem Zimmer duschen. Das ist das Ziel. Sie läuft los – und da geht ihr Schuh kaputt. Der Lehrer holt sie geduldig ein, gibt ihr seinen Arm, begleitet sie nach unten, sie besorgen ein paar Schnüre, binden die Stiefel zu und machen sich wieder auf den Weg. Beim Absteigen sieht er sie an und wiederholt: „Für jedes Ziel musst du alles und jeden aus dem Weg räumen...“ Sie sieht ihn an: „Sag es nicht, sag es nicht...“
Sie kommen eine Stunde zu spät im Tal an. In der Zwischenzeit war auch eine andere Freundin gekommen, um sie zu begleiten. Am Fuße des Geröllhangs dreht sich das Mädchen um, betrachtet den Weg, sieht ihren Lehrer an und sagt: „Ich weiß, ich verstehe. Es ist nicht wahr, dass ich mich in den schwierigsten Momenten auf mich selbst verlassen kann. Das hat mich die Realität heute mehr gelehrt als meine Gedanken.“ Die Realität. ‚Was dein Herz verdient, ist da.‘ – Das ist kein Gedanke, sondern die Realität. Je mehr wir wieder – wie es dieser Lehrer auf jedem Schritt des Weges tut – anfangen, zu zeigen, wie sehr die Realität den Sinn trägt, desto mehr können wir die erzieherische Herausforderung voll und ganz leben. Die drei Urteile des Mädchens kehren sich in das große Bedürfnis um, das wir sind: „Grenzen gibt es nicht.“ – Ich will total geliebt werden. Das „Ziel“ heißt nun: Ich will glücklich sein; und: „Ich zähle nur auf mich.“, wird zu: Ich will der Protagonist meines Lebens sein.
Doch all das passiert nur in einer menschlichen Beziehung. Deshalb ist Erziehung Beziehung. Am Anfang steht eine Provokation, ein Vorschlag, danach eine Überprüfung, denn wir sind nicht nur dazu aufgerufen, den Vorschlag zu machen, wir müssen ihn auch mit ihnen verifizieren! Genauso müssen wir den überprüften Vorschlag vorleben. Giussani sagt in L'io rinasce in un incontro: „Das Problem bei der Erziehung junger Menschen ist, dass sie genau eine Sache unbedingt brauchen, und zwar eine, die von der Natur gegeben ist: die Anwesenheit des Erwachsenen. Junge Menschen brauchen eine Präsenz, sprich einen Erwachsenen, der Präsenz ist. [...] In dem Maße, in dem einer das Bewusstsein der Zugehörigkeit lebt, wird er zur Begegnung für andere, wird Präsenz, sodass der andere eine Begegnung macht“ (S. 74, aus dem Italienischen übersetzt). Ein Erwachsener ist präsent, wenn er eine Zugehörigkeit lebt und sich auf etwas anderes bezieht. Auf den Sinn, auf die Bestimmung. Don Giussani sagt, dass „die Erziehung Einführung in die ganze Wirklichkeit ist“, und dass sie „das Zeugnis meiner lebendigen Art und Weise ist, mich mit der Wirklichkeit in Beziehung zu setzen.“ Ganz und lebendig. Diese Begriffe scheinen mir wesentlich: Ganzheitlich, total, das heißt, es gibt keine Einführung außer in den Sinn; außerdem gibt es keine Beziehung zum anderen, die nicht lebendig ist. Was aber macht die Beziehung lebendig? Ich denke, das ist die erzieherische Herausforderung für jeden Erwachsenen.
und Verantwortlicher für die Gioventù Studentesca (Schülerjugend).