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Wie eine Schule entsteht

Eine Gruppe von Eltern hat in Mailand eine Fachoberschule gegründet. Sie soll ihren Schülern die Tore zur Arbeitswelt öffnen. Patron ist Carlo Acutis, der „Apostel des Internets“.
Paola Ronconi

Als Matteo mit der Mittelschule fertig ist, ist ihm nur eines klar: Er möchte weiter an einer Schule wie der lernen, auf die er die letzten Jahre gegangen ist. Er weiß zwar noch nicht, was für ein Schulzweig es sein soll, aber genau, „wie“ er lernen will. Vielen Jugendlichen, die eine Privatschule besucht haben, ergeht es in Italien ähnlich wie Matteo: Das Kriterium für die Wahl der weiterführenden Schule hängt auch davon ab, wie sie bisher angenommen, begleitet und motiviert worden sind. Ob es nur um Begriffe und Fähigkeiten ging, oder um die Förderung der ganzen Person mit all ihren Leidenschaften und Bedürfnissen.

Ist das das ein vernünftiges Kriterium? Die Entscheidung für eine bestimmte Schule und Ausbildungsrichtung ist für Schüler und Eltern nie leicht. Manche stellen nach einiger Zeit auch fest, dass sie eine falsche Wahl getroffen haben. „Aber man kann verstehen, dass Familien sich eine bestimmte Erziehungsrichtung für ihre Kinder wünschen“, meint Mario Salerno, der als Berater für Startups tätig ist. Seit einigen Jahren engagiert er sich in der Privatschule seiner Kinder und ist auch Mitglied im Verwaltungsrat der Fondazione Grossman, die verschiedene Schulen betreibt, darunter auch ein naturwissenschaftliches und altsprachliches Gymnasium. Salerno erzählt, dass er – ausgehend von seinen Erfahrungen als Vater – vor der Covid-Pandemie mit Freunden aus seiner Studienzeit darüber gesprochen habe, auf welche Schulen sie ihre Kinder schicken würden. Wenn man in Mailand ein schulisches Umfeld mit einer klaren katholischen Ausrichtung sucht, das am besten auch noch der Erziehungsmethode von Don Giussani folgt, dann hat man die Wahl zwischen verschiedenen Gymnasien: einem mathematisch-naturwissenschaftlichen, einem altsprachlichen, einem neusprachlichen und einem musischen. Aber berufsvorbereitende Schulen gibt es da nicht. Auch bei anderen katholischen Trägern ist das Angebot sehr begrenzt.

Mario Salerno, gehört zu den Förderern der Stiftung, die das neue, nach Carlo Acutis benannte Institut verwalten wird

Salerno berichtet, dass er im Laufe des Jahres 2021 „aus Dankbarkeit für das, was ich in meinem Leben gesehen hatte, für die Begegnung mit der Bewegung und für das, was meine Kinder in der Schule erlebten“, gemeinsam mit anderen Eltern versuchte, „eine Lücke, die wir sahen zu schließen“. Die Fondazione Grossman hatte im Durchschnitt jährlich um die 1.000 Schüler. Keine schlechte Situation also. „Aber wir haben uns gefragt: Was haben wir Schülern zu bieten, die nicht ins Gymnasium gehen wollen? Wie können wir auch andere Talente fördern?“ Nach zunächst internen Überlegungen bezogen sie weitere private Schulträger mit ein (wie die Cooperativa La Zolla und die Fondazione Mandelli Rodari).

In einem weiteren Schritt „haben wir uns mit der ASLAM in Verbindung gesetzt“, erklärt Salerno, einer privaten Berufsbildungsanstalt in Mailand, „die sich als sehr wertvoller Partner erwies. Ihre Erfahrung hat uns vor Augen geführt, wie wichtig heute eine schulische Ausbildung ist, die sich der Arbeitswelt öffnet und in einen Beruf einführt. So haben sich unsere Ideen konkretisiert.“
Nach und nach entstand der Plan, ein „Istituto Tecnico Superiore“, eine Fachoberschule für technische Fächer zu eröffnen, die den jungen Menschen nach vier Jahren einen direkten Zugang zu einer Fachhochschule oder sogar zur Universität ermöglicht. „Diese Option gefiel uns. Und die Zusammenarbeit mit den anderen Institutionen eröffnete ganz neue Möglichkeiten. Denn keiner von uns verfügte über ausreichende Fähigkeiten und Mittel, um es allein zu schaffen.“ Sie begannen also, eine Reihe von Daten zu analysieren: die Zahl der Schüler in der Region Mailand, die vorhandenen technischen Fachoberschulen, die Anforderungen des Arbeitsmarktes, die heute andere sind als noch vor wenigen Jahren. Mithilfe dieser Daten und ein wenig Realismus identifizierten sie schließlich zwei gewünschte Ausbildungsbereiche: „Informatik und Telekommunikation“ sowie „Grafik und Kommunikation“. „Mit einer IT-Ausbildung“, meint Salerno, „kommt man schließlich in alles hinein, was mit der technologischen Entwicklung und Künstlicher Intelligenz zu tun hat. So können wir Leute ausbilden, die in dem ständigen Fluss von Informationen und Innovationen alles mit kritischem Blick betrachten.“

Durch die ASLAM gelingt auch der Kontakt zu Unternehmen aus dem IT-Bereich. Und die engagierten Eltern finden Räume für ihre Schule am Standort von ASLAM sowie einer Fachhochschule, die bereitwillig Labors und technische Einrichtungen mit ihnen teilen. „Die Unternehmen bringen uns die Expertise der Fachleute direkt ins Klassenzimmer und stellen auch Stipendien zur Verfügung. Außerdem bieten sie Praktika an“, erklärt Salerno. „Und dieses Abenteuer, auf das wir uns da eingelassen haben, hatte auch Auswirkungen in anderen Bereichen. Einerseits hat es bei vielen Freunden, die nicht direkt involviert waren, Interesse, Neugier und Fragen geweckt, teilweise auch sehr persönliche Fragen, zum Beispiel dazu, wie man seine Zeit einsetzt oder seinen Beruf ausübt. Dabei denke ich auch an meine Gespräche mit einer Reihe von Lehrern. Andererseits hat es auch in meiner Arbeit Fragen aufgeworfen. Zum Beispiel: Wie kann dieser ungeschuldete Einsatz auch in meinen Arbeitsalltag einfließen?“

Inzwischen haben die Vertreter der vier Bildungseinrichtungen ihrer Initiative eine rechtliche Form gegeben und einen genauen Zeitplan für den Start der Fachoberschule festgelegt. „Wir haben beschlossen, eine Stiftung zu gründen als Träger für die Schule: Edutecne. Und der Tag der Unterzeichnung beim Notar wird ein mehr als symbolisches und verheißungsvolles Datum sein: der 22. Februar, der Todestag von Don Giussani.“ Und nach wem wird die Schule benannt? „Noch bevor wir von seiner bevorstehenden Heiligsprechung wussten, hatten wir an Carlo Acutis gedacht“, antwortet Salerno, „den Jungen, der seine IT-Fähigkeiten in ein Werkzeug der Mission verwandelt hat, wie man an der virtuellen Ausstellung über die eucharistischen Wunder sieht. Er verband seine technischen Fähigkeiten mit einem intensiven Leben im Glauben.“ Im September 2025 wird die Fachoberschule „Carlo Acutis“ in Mailand zum ersten Mal ihre Tore für Schüler öffnen, die wie Matteo mehr wollen als nur einen Abschluss.